Horst Köhler ist mit einem Großen Zapfenstreich im Berliner Schloss Bellevue aus seinem Amt als Bundespräsident verabschiedet worden.

Berlin - Die Verfassungsorgane demonstrierten Fassung und Würde. Rund zwei Wochen nach seinem abruptem Abgang, der die Republik erschütterte, wurde Ex-Bundespräsident Horst Köhler am Dienstagabend von 350 Soldaten der Bundeswehr mit einem Großen Zapfenstreich offiziell aus dem Amt verabschiedet.

Neben Köhler standen - wie es sich gehört - Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Generalinspekteur Volker Wieker sowie Bundesratspräsident Jens Böhrnsen (SPD), der derzeit als Staatsoberhaupt fungiert. An der Zeremonie nahmen aber auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP), Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und der Vizepräsident des Verfassungsgerichts, Ferdinand Kirchhof, teil. Am wichtigsten wird Köhler aber wohl gewesen sein, dass seine Frau Eva Luise in der ersten Reihe der rund 400 geladenen Gäste saß.

Für die feierliche Abendmusik waren neben Spielmannszug und Musikkorps zwei Züge Soldaten unter Gewehr sowie Fackelträger angetreten. Bei der höchsten Form militärischer Ehrerweisung deutscher Soldaten erklang im Park des Berliner Schloss Bellevue auch der "St. Louis Blues". Die erste Zeile des Songs, in dem es um Liebeskummer geht, lautet: "Ich hasse es, die Abendsonne untergehen zu sehen." Köhler, der der Zeremonie bewegt aber gefasst folgte, hatte sich das melancholische Lied zum Abschied gewünscht. Der Jazzliebhaber lauschte gerührt und lächelte. Bei der Nationalhymne sang er mit.

Bereits am Mittag hatte sich Köhler von 130 ehemaligen Mitarbeitern verabschiedet und sich "für die wunderbare Unterstützung in den vergangenen sechs Jahren" bedankt. Es sei ihm ein "Herzensanliegen" gewesen, allen Mitarbeitern "die Hand reichen zu können".

Der 67-Jährige hatte als erster Bundespräsident das höchste Staatsamt nach sechs Jahren mit sofortiger Wirkung aufgegeben. Offizieller Grund war die harsche Kritik an seinen missverständlichen Formulierungen zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Auch am Tag des Zapfenstreichs wollte sich Köhler erwartungsgemäß nicht zu weiteren Spekulationen über seinen plötzlichen Rücktritt äußern.

In den vergangenen Tagen waren sogar Spekulationen über angebliche Depressionen Köhlers laut geworden. Belege dafür gibt es keine. Wohl aber für das Leiden Köhlers, der sich stets als der Präsident der Bürger empfand, am Vertrauensschwund der demokratischen Institutionen in Deutschland. "Die politischen Parteien, die Parlamente und die Regierungen haben viel von ihrem Ansehen verloren", sagte Köhler in einer seiner letzten Reden als Staatsoberhaupt. "Viele trauen ihnen nicht mehr zu, die wirklich wichtigen Probleme in den Griff zu bekommen."

Köhlers Biograf Gerd Langguth urteilte im Deutschlandradio Kultur hart: "Er war kein Mann, der die Politik sehr gut kannte." Der neunte Präsident habe auch keine Brücken zwischen Volk und Politik geschlagen. "Es war zwischen ihm und der politischen Klasse, vor allem in Berlin, so eine Art unsichtbare Wand gewesen." Genau diesem Eindruck suchten die Repräsentanten des demokratischen Deutschland beim Zapfenstreich entgegenzutreten - und rückten öffentlich zusammen. Das Ehepaar Köhler verließ nach dem Zapfenstreich gemeinsam das Schloss - winkend und unter dem Applaus der Gäste.