Die Zukunft des Berliner Pannenflughafens ist ungewisser denn je: Noch stützt die große Koalition ihren Chef, aber hinter den Kulissen wird längst über die Zukunft ohne Klaus Wowereit geredet.

Berlin - Die Zukunft des Berliner Pannenflughafens ist ungewisser denn je: der Technikchef Horst Amann bekannte am Dienstag, es werde nun ein halbes Jahr dauern, bis er einen neuen Eröffnungstermin nennen könne. Die Probleme, die er peu a peu entdeckt habe, seien „heftig“ und „fast grauenhaft“, sagte der Mann, der im August als Retter nach der ursprünglich für Juni geplanten Eröffnung seinen Posten übernommen hatte.

 

Man fragt sich, wie die politisch Verantwortlichen in Berlin, Brandenburg und dem Bund eine solche Hängepartie im Ernst durchstehen wollen – alle scheinen dazu jedoch bisher entschlossen, auch wenn der Druck wächst. Dabei ist – obwohl Brandenburg genau wie Berlin Anteilseigner ist und der Bund ebenfalls zu den Gesellschaftern zählt, vor allem Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) in der Schusslinie – und der will weitermachen. Daran ändert weder die wachsende Zahl von Rücktrittsforderungen etwas, noch das verheerende Presseecho oder die politische Agenda der kommenden Tage. Wer den Regierungschef in den vergangenen Monaten erlebt hat, der nahm einen Politiker wahr, der das Projekt Flughafen, das er zum wichtigsten seiner Amtszeit ausgerufen hatte, um jeden Preis zu Ende bringen und nicht als Gescheiterter in die Stadtchronik eingehen möchte.

Die Opposition will geschlossen gegen Wowereit stimmen

Am Donnerstag wird Wowereit allerdings eine Situation erleben, die seinen politischen Höhenflug theoretisch auf dieselbe Weise beenden könnte, wie er begonnen hatte: Wie im Jahr 2001 wird das Abgeordnetenhaus zu einer Sondersitzung zusammenkommen, bei der die Opposition einen Misstrauensantrag stellt. Durch dieses Votum gegen den damaligen Amtsinhaber Eberhard Diepgen (CDU) war Wowereit seinerzeit an die Macht gelangt. Grüne und Piraten werden den Antrag am Donnerstag einbringen, die namentliche Abstimmung ist voraussichtlich am Samstag, 48 Stunden nach der Debatte, – und wahrscheinlich wird Wowereit sie überstehen. Zwar will die Opposition ihm geschlossen das Misstrauen aussprechen, aber die Große Koalition kündigte nach einer Beratung des Koalitionsausschusses am Montagabend an, dem Bürgermeister das Vertrauen auszusprechen. Die Opposition hat 63 Stimmen, die einfache Mehrheit beträgt 75 Stimmen.

Auch wenn Wowereit diese Hürde nimmt – das Jahr des Flughafenalbtraums hat aus dem einstigen Sonnenkönig der Berliner SPD einen Bürgermeister gemacht, der komplett am Tropf der Partei hängt. Seine Machtbasis ist minimiert – nicht erst, seit er im Sommer seinen Gefährten Michael Müller nicht erneut als Parteichef durchsetzen konnte. An den Spitzen von Partei und Fraktion stehen mit dem Verwaltungsrichter Jan Stöß und dem Geschäftsmann Raed Saleh zwei linke Vertreter einer neuen Generation von Sozialdemokraten – und beide haben bereits bei sachpolitischen Entscheidungen in den vergangenen Monaten einen starken Gestaltungswillen deutlich gemacht.

Auch der CDU ist an Neuwahlen nicht gelegen

Nun sind sie es, die mit über die Zukunft Wowereits entscheiden. Am Montagabend saßen alle drei zusammen – und verständigten sich allem Anschein nach aufs Weitermachen. Wowereit ist auch deshalb noch auf seinem Posten, weil das für SPD und CDU die derzeit am wenigsten schlechte Lösung zu sein scheint: In der SPD muss ein überzeugender Nachfolger erst aufgebaut werden – Stöß und Saleh zählen dazu, aber auch die Arbeitssenatorin Dilek Kolat. An Neuwahlen können die Sozialdemokraten derzeit kein Interesse haben, die Umfragewerte sind schlecht. Auch wenn es innerhalb der Berliner CDU Überlegungen gibt, die Koalition aufzukündigen: die Christdemokraten gingen mit Neuwahlen ein großes Risiko ein. Zwar könnte den Umfragen zufolge rechnerisch eine schwarz-rote Koalition möglich sein. Aber wie will man einen Neuanfang mit demselben Partner und umgekehrten Vorzeichen nach einem Koalitionsbruch politisch realisieren?