Gründerzentrum Eine deutsche Start-up-Fabrik zum Vorzeigen

Start up-Leben Foto: Constantin Mirbach/privat

Die Münchner Unternehmertum ist eines der europaweit erfolgreichsten Gründerzentren. Rund 50 neue Start-ups jährlich gehen daraus hervor. Nun soll es als Blaupause dienen.

Drei Faktoren nennt Thomas Zeller, an denen sich der Erfolg eines Gründerzentrums bemessen lässt. „Das sind die Zahl studentischer Talente und die von Start-ups, die daraus jährlich hervorgehen, sowie die Geldmittel, die für sie aufgebracht werden“, zählt der Geschäftsführer der Start-up-Fabrik Unternehmertum auf. Misst man dieses Münchner Gründerzentrum daran, ist es in Deutschland fraglos das bedeutendste.

 

„Wir haben etwa 11 000 Studierende, jedes Jahr rund 50 Neugründungen, 2023 sind in unsere Start-ups zwei Milliarden Euro geflossen“, bilanziert Zeller. Monetär lässt sich daraus ein Drittel Marktanteil ableiten. Sechs Milliarden Euro sind voriges Jahr laut Beratungsfirma EY insgesamt in deutsche Start-ups geflossen.

Auch die „Financial Times“ ist voll des Lobes

Auch europaweit liegt Unternehmertum an der Spitze, findet die britische Finanzzeitung „Financial Times“. Sie hat gerade 125 Start-up-Schmieden unter die Lupe genommen und die Münchner zur Nummer eins vor Hex in Brüssel und der britischen Setsquared mit ihren sechs Partnerunis gekürt. Die gemeinnützige Unternehmertum GmbH ist mit der Technischen Universität München (TUM) liiert, was die selbst gewählte Schreibweise UnternehmerTUM erklärt.

„Die Universität ist ein Erfolgskriterium“, betont Zeller. Immerhin zählt die Technische Universität München zu den elf deutschen Eliteunis. Eine zentrale Rolle spielt auch BMW-Erbin Susanne Klatten, die Unternehmertum 2002 gegründet hat, alle GmbH-Anteile hält und dessen Oberaufseherin ist. Die „Financial Times“ wiederum betont das starke Netzwerk der Münchner. Dazu zählen Dax-Konzerne wie BMW, SAP oder Siemens, Mittelständler und Familienunternehmen, die mit den Start-ups kooperieren, um früh an für sie relevante Technologie zu kommen. Dritte Komponente sind Venture-Capital-Firmen, die für regen Geldfluss von Investoren sorgen. Seit 2011 betreibt Unternehmertum mit UVC Partners eine eigene VC-Firma. „Das meiste Geld kommt aber von großen internationalen VC-Fonds“, erklärt Zeller.

Viele internationale Studierende bewerben sich

Dieses Gesamtpaket hat die Münchner global begehrt gemacht. „Es bewerben sich sehr viele internationale Studierende, weil sie gründen wollen“, sagt der Geschäftsführer. Bei Start-ups, die unter die Fittiche von Unternehmertum schlüpfen wollen, liege die Zahl der Bewerber das Zehnfache über der der Angenommenen. „Das sorgt für eine positive Vorauswahl und bei uns für 80 bis 90 Prozent Überlebenswahrscheinlichkeit“, sagt Zeller zu den Chanchen der Jungfirmen. Sowohl von der Zahl der Gründungen als auch der Investorengelder her sind die Münchner im Vorjahr stabil geblieben.

Allgemein war es für Gründer schwierig. Im internationalen Vergleich vor allem mit den USA gilt die Bundesrepublik grundsätzlich als kein gutes Start-up-Pflaster, was speziell an geringer Risikobereitschaft von Investoren liegt. Spätestens wenn es um zwei- bis dreistellige Millionensummen geht, die Jungfirmen zur Weiterentwicklung brauchen, würden Geldgeber immer US- und China-lastiger, bedauert Zeller. Das sollte auch politisch hellhörig machen. Mehr Investorengeld ließe sich in Deutschland durchaus auftreiben, findet der Experte. Er hat vor allem die Milliarden im Auge, auf denen deutsche Stiftungen und Pensionskassen sitzen. Würden allein die großen Stiftungen fünf Prozent ihrer Gelder in Start-ups stecken, ließe sich allein damit das Investitionskapital verdoppeln, rechnet Zeller vor. Es gebe vielversprechende Gespräche dazu, verrät er.

Die Politik könne mehr für Start-ups tun

„Die Möglichkeiten zu gründen waren niemals besser“, findet Zeller aber auch schon ohne diese Perspektiven. Von Klimawandel über Digitalisierung bis Energieversorgung lägen zahlreiche Probleme auf dem Tisch und Technologien, um sie zu adressieren. Besonders rege sei die Innovationstätigkeit von Start-ups derzeit bei Kreislaufwirtschaft und Quantencomputern, Fusionsreaktoren und Kohlendioxidspeicherung, Künstlicher Intelligenz oder New Space (Raumfahrt).

Auch die Politik könnte mehr tun, um Jungunternehmen das Leben leichter zu machen. „In China ist der Staat oft der erste Kunde von Start-ups, was enorm hilft“, betont Zeller. Ähnlich sei es in den USA. Der deutsche Staat aber zögere und schließe per Ausschreibungskriterien Start-ups von Staatsaufträgen oft sogar aus.

Auch auf politischer Ebene ist aber nun Besserung in Sicht. So will Robert Habecks (Grüne) Bundeswirtschaftsministerium mit dem Leuchtturmwettbewerb „Start-up Factories“ das Erfolgsrezept Unternehmertum bundesweit vervielfachen. Dazu wählt eine Jury bis Anfang Juni bis zu 15 deutsche Universitäten nebst zugehöriger Projekte aus, um dort Start-up-Biotope nach dem Vorbild von Unternehmertum aus der Taufe zu heben. „Um auch zu einer führenden Start-up-Nation zu werden, müssen wir den Transfer von Wissen und Technologie in die Wirtschaft weiter ausbauen“, so Habeck.

Das Interesse deutscher Universitätsstädte ist riesig

Das Interesse deutscher Universitätsstädte ist riesig. Unternehmertum wird als Ideengeber und in der Jury mit dabei sein. „Wir verstehen uns als Blaupause“, sagt Zeller. Elemente zur Forcierung des Gründergedankens gebe es in Deutschland genug. „Aber ohne ein Netzwerk bringen einzelne Zutaten ein Start-up nicht weiter“, betont der Experte. Es brauche Köche, die alles zusammenbringen. Er meint damit Köche wie Unternehmertum.

Unternehmertum

Gründerzentrum
Über 720 Start-ups unterstützt das Münchner Gründerzentrum Unternehmertum derzeit. Es ist von der ersten Idee bis zum Börsengang an ihrer Seite. Unternehmerisches und Fachwissen werden dabei verknüpft. Aus der Innovationsschmiede hervorgegangen sind Firmen wie das Mobilitäts-Start-up Flix, die vor ihrem Erstflug stehende Trägerraketenfirma Isar Aerospace oder Deutschlands mit über zehn Milliarden Euro Firmenwert wertvollstes Start-up Celonis.

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