Gute-Nacht-Geschichte aus dem Studio Gaga Eröffnet hier bald Stuttgarts erster schwuler Biergarten?

Nikos leitet das Studio Gaga. Foto: Janine Kühn

Zerbrochene Marmortischplatten, wilde Nächte und ganz viele gute Gefühle. Nikos vom Studio Gaga hat uns legendäre Club-Anekdoten erzählt und verraten, was im Sommer und beim CSD auf der Terrasse passieren wird.

Eröffnet hier bald der erste LGBTQIA+-Biergarten Süddeutschlands? Noch ist die Terrassenfläche vor dem ehemaligen Leysieffer Café im leer stehenden Fünf-Sterne-Hotel am Schlossgarten noch etwas trist. Ein Bauzaun umrahmt den Außenbereich, in den Ecken am Gebäude liegt der Müll nächtlicher Besucher. „Unsere Außenterrasse ist leider noch nicht so sicher, wie wir sie gerne für so einen Ort hätten“, sagt Nikos, der Chef und Betriebsleiter des Studio Gaga. Mit Sicherheit meint er, dass sich Leute neben dem Zaun durchquetschen könnten, die den Safe Space des Clubs , der nach Lady Gaga benannt wurde, nicht als solchen wahrnehmen und respektieren würden.

 

(LGBTQIA+ ist eine Abkürzung der englischen Wörter Lesbian, Gay, Bisexual, Transsexual/Transgender, Queer, Intersexual und Asexual.)

Eine Einhorn-Hüpfburg für Erwachsene

Wo man einst in fruchtige Obsttorten biss und den besten Frankfurter Kranz der Stadt naschen konnte, soll jedoch bald viel passieren. Nikos plant nichts weniger als den ersten schwulen Biergarten der Stadt, ja sogar Süddeutschlands und gerät gleich ins Schwärmen. Noch ist nichts genehmigt, aber eine große Idee für die Terrasse hat der Stuttgarter Gastronom bereits: Eine Hüpfburg für Erwachsene soll dort aufgestellt werden. In Form eines Einhorns! Doch das ist bei weitem nicht alles: „Zum CSD soll sogar gleich das gesamte Hotel vom Studio Gaga bespielt werden“, verrät er die Pläne für das größte LGBTQIA+-Festival in Süddeutschland. Auch eine Pride-Flagge soll vom Gebäude wehen, sagt Nikos, der mit seinem Team und den Gästen ein Zeichen gegen Diskriminierung setzen möchte.

Underground-Flair und Understatement

Innerhalb von sechs Monaten haben er und sein Team, das vorwiegend aus der Gay-Community Stuttgarts stammt, das Studio Gaga konzipiert, umgebaut und mit Leben gefüllt: Sexy rote Plüschbänke, gediegene Holzvertäfelung und Messinghandläufe mit reichlich Patina geben dem Club eine Mischung aus Underground-Flair und Understatement. „Unsere Gäste und auch teilweise die Mitarbeiter:innen kommen aus dem Monroes, dem Ruben’s, dem Eagle und dem Reboots“, erzählt Nikos. Das Publikum sei dabei so heterogen und bunt, wie man es sich nur vorstellen kann: „Von schick im Hemd bis zu schrill und mit Masken – hier im Studio Gaga treffen sich alle Stuttgarter Communitys im Laufe der Nacht.“

Nikos gerät ins Schwärmen und erzählt von einem älteren Stammgast, der bei der Eröffnung zu Tränen gerührt war. „Die Jungen nehmen diesen Ort als selbstverständlich wahr. Die Älteren wissen, wie sehr man für diese Freiheit kämpfen musste“, sagt der Stuttgarter mit den zusammengebundenen braunen Haaren. Besonders beeindruckt ist er von seinem Team. Während viele Gastros und Clubs mit einem Mitarbeiter:innenschwund nach der Pandemie zu kämpfen hatten, wäre es hier nie ein Problem, fähiges, flottes und fleißiges Personal zu finden. Fast alle Barkeeper sind unter 20 und total motiviert, sagt Nikos. „Es macht auch einfach Spaß, hier zu arbeiten!“

Jeder Abend hier sei auf seine Weise legendär und anders, erzählt der Gastronom, der die riesige kultige Discokugel im Foyer des Studio Amore beigesteuert hat. „Sie ist das wohl am öftesten fotografierte Objekt im ganzen Hotel“, sagt er lachend. Ob die Interviewerin wisse, woher sie stammt? Kopfschütteln. Na, aus dem Rocker 33, erzählt der 41-Jährige stolz.

Von Marmortisch zu Marmortisch

Ende Januar war wohl so ein legendärer Abend im Studio Gaga: Die Aktivistin Diana Burkot vom russischen Punk-Kollektiv Pussy Riot war mit ihrem Soloprojekt Rosemary Loves A Blackberry zu Gast und tanzte sich bei ihrer Performance in Ekstase. „Sie sprang irgendwann von Marmortisch zu Marmortisch“, berichtet Nikos fasziniert und erzählt von ihren Videos, die im Hintergrund liefen. Die waren dem Stuttgarter, der sich mit Kunst auskennt, fast zu artsy, wie er lachend zugibt. Eine Marmortischplatte musste während er Showeinlage dann leider dran glauben. Überhaupt nicht schlimm, findet Nikos.

Besonders in Erinnerung ist Nikos auch die Party am Weltfrauentag geblieben. „Wir haben unsere erste Flinta*-Feier veranstaltet (Das Akronym Flinta* steht für Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen. Das Sternchen soll zusätzlich weitere Variationen der Geschlechtervielfalt einbeziehen). „Alle Mitarbeiterinnen an dem Abend – vom DJ bis zum Barpersonal – waren weiblich“, erzählt er. Sogar aus Heilbronn waren Frauen extra für die Party angereist, sagt der Barchef bewundernd. Er und sein Team hätten sich lange und intensiv auf den Abend vorbereitet, sich mit vielen verschieden Frauen aus der Community getroffen und die Veranstaltung sorgfältig konzipiert, um niemanden auszuschließen, wie er erzählt. Sie war so ein großer Erfolg, dass sie bald wiederholt wird, verspricht der Gastronom. Vielleicht gibt es dann schon eine Einhorn-Hüpfburg auf der Gaga-Terrasse.

Studio Gaga, Schillerstr. 23, Stuttgart-Mitte, Fr+Sa ab 22 Uhr

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