Um dem Leben von an Krebs erkrankten Kindern ein wenig mehr Qualität zu geben, arbeitet der Stuttgarter Friseur Alexander Ljaschko jetzt mit einem Verein zusammen. Ihr Ziel: Möglichst viele Kinder nach einem Haarverlust mit einer Perücke auszustatten.

Stuttgart - Radikal ab. Kundinnen mit diesem Wunsch hat der Stuttgarter Friseur Alexander Ljaschko immer mal wieder. Kurzhaarschnitt statt Löwenmähne. Dass sich Menschen dem Diktat der Mode unterwerfen, ist für Ljaschko nicht ungewöhnlich. Besser gesagt: Davon lebt der Stuttgarter Friseurmeister auch. Aber diese Frau wollte keine trendige Frisur, sie wollte helfen. Sie wollte gezielt kranken Kindern helfen. „Ich will meine Haare für eine Echthaarperücke spenden“, erklärte sie. Und dann erzählte sie ihre ganze Geschichte. Die traurige Geschichte ihrer Tochter, die an Krebs erkrankt war. Das Mädchen, früher ein hübscher Blondschopf, hat nach einer Chemotherapie alle ihre Haare verloren. Aber dank eines Vereins in Wien, ahnt nun niemand etwas vom Schicksal des Mädchens. Eine Perücke aus echten Haaren hilft ihr über die haarlose Zeit hinweg.

 

„So eine Perücke ist für die Kinder ein Segen“, sagt Alexander Ljaschko. Dank der Haare von europäischen Spendern, könnte man den Kindern mit verblüffend guten Ergebnissen helfen. Weil Haare von asiatischen Spendern viel dicker sind als die von westlichen Spendern, müssten jene gespalten werden. „Darunter leidet die Qualität“, weiß Ljaschko. Auch eine Kunsthaarperücke sei für diese Kinder keine echte Alternative: „Sie ist zwar günstiger, aber sie sieht aus wie eine Faschingsperücke. Außerdem schwitzt man darunter stark. Eigentlich ist so eine Perücke unerträglich.“ Eine Echthaarperücke komme dem Original dagegen sehr nahe, „ich bin jedes Mal fasziniert, wenn ich die Kinder damit sehe“. Denn so eine Faschingsperücke sei für die Kinder „emotional eine zusätzliche Belastung“.

Die Begegnung mit der Mutter hat bei Alexander Ljaschko etwas ausgelöst. Er habe ja früher schon den Gedanken gehabt, dass man der Gesellschaft etwas zurückgeben muss, wenn es einem gut geht. Daher spendete er oft ans Hospiz oder andere soziale Einrichtungen. Aber nun sah er die Chance, konkreter und direkter zu helfen. Seit dem Ende des vergangenen Jahres ist er sozusagen die Anlaufstelle in Stuttgart für Echthaarspenden. Und seit sich die Sache herumgesprochen hat, muss er mindestens einmal pro Woche Zöpfe für den guten Zweck abschneiden.

Die Haare müssen gesund sein

Inzwischen sind gut und gern knapp 20 Meter zusammengekommen. Wer spenden will, muss nicht nur gesundes Haar haben, der Schopf muss auch mindestens 30 Zentimeter Länge haben. Ideal sind jedoch 40 bis 50 Zentimeter. „Es kann im Prinzip jeder spenden“, erklärt der Fachmann, „ganz egal, ob die Haare glatt, gelockt oder wellig sind.“ Es sei auch möglich, wenn die Haare gefärbt, getönt oder blondiert seien: „Hauptsache, sie sind strukturell gesund.“

„Die Mädchen oder Damen sind in der Regel begeistert“, sagt Ljaschko. Sie tun Gutes und kommen gratis zu einem Schnitt bei einem der Besten in Deutschland. Sein Salon ist von einer Fachjury zum zweiten Mal in Folge zum „Top Salon“ und damit zu einem der besten Salons in Deutschland gewählt worden. Das waren auch die Motive für Anne-Sophie: „Ich konnte einem kranken Kind helfen und habe einen super gelungenen Kurzhaarschnitt, für den ich nur Komplimente bekomme.“

Eine Mutter bestätigt die gewonnene Lebensqualität ihrer Tochter: „Alexa trägt ihre Perücke täglich, und wir sind super zufrieden! Sie hat sie in der Schule und in der Freizeit wirklich immer auf. Wir waren in Italien, sie war mit ihr im Gardasee baden und auch im Pool. Sie war sogar auf der Wasserrutsche, nur das Tauchen hat sie sich verkniffen. Und die Perücke muss alles über sich ergehen lassen: Locken, Glätten . . . was Mädchen eben so machen.“

Allerdings muss nicht unbedingt jeder, sein Haupthaar opfern, um seinen Beitrag für eine bis zu 3000 Euro teure Perücke zu leisten. „Man kann auch alte Zöpfe spenden. Man kann auch noch Haare nach bis zu 70 Jahren Aufbewahrungszeit verwenden“, erklärt der Stuttgarter Friseur. Insgesamt seien vier Spenden nötig, um eine Perücke zu fertigen. „Für mich ist es immer wieder eine große Freude, wenn ich sehe, was wir den ohnehin belasteten Kindern und den Familien schenken können“, sagt er. Vor allem: Diese Hilfe ist für die Familien gänzlich kostenlos. Der Verein „Die Haarspender“ aus Wien gebe die Perücken an Kinder aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und Ungarn zwischen vier und 19 Jahren, die sich den teuren Haarersatz nicht leisten könnten. In besonderen Fällen gibt es Maßanfertigungen.