Das EU-Parlament stimmt in Straßburg über Milliarden für die Halbleiterbranche ab. Europa soll damit unabhängiger von Asien werden.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Selten sind sich die Abgeordneten im Europaparlament so einig. „Mit dem Chips Act kommt jetzt der Startschuss für den Reboot des Halbleiterstandorts Europa“, frohlockte am Montag der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken. Sein CDU-Kollege Christian Ehler ergänzte, der Chips Act sei ein „gutes Signal für Europa“. Und auch die Grünen-Politikerin Henrike Hahn sprach von einem „guten Schritt“ für die Wettbewerbsfähigkeit Europas.

 

Bereits im April hatten sich die EU-Mitgliedstaaten und der maßgebliche Industrieausschuss darauf geeinigt, dass die EU rund 43 Milliarden Euro für den Ausbau der Mikrochipindustrie in Europa mobilisieren wird. Am Dienstag muss das Parlament noch zustimmen, was aber angesichts der überparteilichen positiven Resonanz als Formalie gilt.

Die Abhängigkeit von Asien verringern

Ziel des sogenannten Chip-Gesetzes ist es, die Abhängigkeit von asiatischen Ländern zu verringern. „Ohne Halbleiter geht heute nichts mehr“, unterstreicht Tiemo Wölken. „Sie sind die Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts.“ Die Bauteile stecken tatsächlich in allen modernen Geräten, vom Auto, über die Kaffeemaschine oder Smartphones bis hin zur Wärmepumpe. Allerdings wurden die dringend benötigen Chips vor allem während der Corona-Pandemie zur Mangelware. In Deutschland gab es nicht nur in der Automobilindustrie Engpässe. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hatte noch vor einigen Wochen mitgeteilt, der andauernde Halbleitermangel führe in der Automobilindustrie - sofern keine geeigneten Gegenmaßnahmen ergriffen werden - bis 2026 global zu einem Produktionsrückgang von 20 Prozent.

SPD-Mann Wölken erwartet nach der Verabschiedung des Chips Gesetzes, dass die neuen Regeln die Planungsverfahren vereinfachen, zudem sollen staatliche Beihilfen schneller fließen. Allein aus dem EU-Budget sind 3,3 Milliarden für Investitionen vorgesehen. Der Sozialdemokrat betont aber auch: „Der Chips Act ist kein Wundermittel.“ Der jahrzehntelange Abstieg dieses Industriezweiges in Europa lasse sich nicht von heute auf morgen umkehren.

Große Investitionen in Magdeburg

Ziel des Chip-Gesetzes ist es auch, dass der EU-Anteil auf dem Weltmarkt für Chips bis 2030 von knapp 10 auf 20 Prozent wächst. In Deutschland könnte vor allem Sachsen-Anhalt von der Förderung durch das Chip-Gesetz profitieren. Im März 2022 hatte der US-Chiphersteller Intel bekannt gegeben, dass in Magdeburg ab 2027 Chips der neuesten Generation produziert werden sollen. Das Unternehmen will dafür 30 Milliarden Euro in die Hand nehmen, hat aber zugleich auch erhebliche staatliche Subventionen herausgehandelt. Für empörte Wortmeldungen sorgte, dass knapp zehn Milliarden Euro staatliche Gelder in das Werk fließen werden.

Auch der Chipkonzern Infineon mischt in dem boomenden Markt kräftig mit und will in diesem Herbst mit dem Bau eines neuen Werks in Dresden beginnen. Für die Firma ist es die größte Einzelinvestition der Firmengeschichte, fünf Milliarden Euro sollen fließen und rund 1000 Arbeitsplätze entstehen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen war im Mai extra aus Brüssel zum Spatenstich nach Dresden angereist und betonte: „Wir brauchen mehr solcher Projekte bei uns in Europa, weil der Bedarf an Mikrochips weiter rasant steigt.“