Der Chemieprofessor Andreas Fath durchschwimmt seit Ende Juli den Rhein von der Quelle bis zur Mündung. Jetzt hat er 620 Kilometer und damit die Hälfte seines wissenschaftlichen Schwimmmarathons geschafft.

Mannheim - Er hätte für sein Projekt „Rheines Wasser“ natürlich auch einen Forschungsantrag schreiben können. Doch Andreas Fath, Professor für Chemie und Leistungsschwimmer von Jugend an, hatte eine bessere Idee: „Lieber Schwimmen als sich an den Schreibtisch setzen“, hat er sich gesagt und vor einem Jahr begonnen, seinen wissenschaftlichen Schwimmmarathon zu planen. Dessen Ziel ist es, das Wasser des Rheins von der Quelle bis zur Mündung intensiv zu beproben und es zugleich hautnah zu erleben – Flusskilometer für Flusskilometer auf einer Strecke von 1231 Kilometern. Am 28. Juli hat Fath die ersten Züge im 7,5 Grad kalten Tomasee im schweizerischen Graubünden gemacht, inzwischen hat er die Hälfte der Strecke geschafft. Am 24. August will er, nach 25 Etappen, die Mündung in Hoek van Holland erreichen. Am Dienstag ging es von Mannheim nach Mainz.

 

„Ich hatte ja schon einen halben Sonnenstich, Schüttelfrost, Magenschmerzen und Schluckbeschwerden, doch inzwischen geht es immer besser“, hat Fath am Tag zuvor bei einem etwa einstündigen Zwischenstopp in seiner Geburtsstadt Speyer berichtet. „Die ersten Tage waren sicher anstrengender, als ich gedacht hatte“, gesteht er. Besonders im Vorderrhein hatte er zu kämpfen. „Da bin ich froh, dass ich gut durchkommen bin“, gesteht der 49-Jährige. „Am Hochrhein war es dann bombastisch“, sagt er. „Das Schwimmen an sich ist toll, man kann abschalten, seinen Gedanken nachhängen“, sagt Fath. „Das will ich auf dem Rest der Etappen genießen“.

Der Schwimmer ist nur ein Punkt im riesigen Strom

In Speyer zeigt sich der Rhein bei seiner Ankunft von seiner schönsten Seite: Er leuchtet blau, das Wasser ist frisch und recht klar, auf manchen Wellen tanzen kleine, weiße Schaumkronen. Der Schwimmer selbst ist nur ein kleiner Punkt im riesigen Strom. Eine weiße Badekappe, zwei Arme im schwarzen Neopren, die abwechselnd aus dem Wasser auftauchen. Wären da nicht die beiden Paddel- und das leichte Motorboot seines Teams, man könnte ihn leicht übersehen, als er auftaucht in der riesigen Kurve auf der rechten – der badischen – Flussseite unter der hohen Salierbrücke. Von Norden her kommt ein großes Containerschiff und fährt vorbei, dann zieht Fath im schrägen Winkel mit der Strömung seine Bahn hinüber ans Speyerer Ufer, wo ihn etwa hundert Freunde, Bekannte, seine Familie und alte Schwimmkollegen erwarten.

Strahlend und ohne zu schwanken steigt er ein paar Schritte von der Schiffsanlegestelle an der Rheinallee aus den Fluten. Er wirkt taufrisch, fit, nicht im Entferntesten wie einer, der gerade knapp sieben Stunden lang Nonstop geschwommen ist – und Fath hat auch noch Humor: „Ich glaube, ich bin der erste, der Speyer auf diesem Weg besucht“, sagt er zur Bürgermeisterin, die ihn mit einer Flasche Bier und einem Bildband der Stadt willkommen heißt.

Fath hat sich gefreut auf die alte Heimat, das sieht man ihm an und er ist zuversichtlich, jetzt, wo er die erste Hälfte seiner Tour hinter sich hat. „In der letzten langen Kurve, als sich das Bild dem Doms langsam ins Bild geschoben hat, da ist der Puls schon etwas in die Höhe gegangen, nicht von der Anstrengung, sondern vor Aufregung“, gesteht er. „Es ist toll, wenn man so empfangen wird, das motiviert einen“, sagt er.

Sein Vater sagte anfangs „Lass die Scheiße“

Vor einem Jahr, als er seinem Vater, selbst ein Rheinschwimmer von Kindesbeinen an, das erste Mal von seiner Idee erzählt hat, den ganzen Fluss zu durchschwimmen, war dessen Reaktion kurz und klar. „Lass die Scheiße“, habe er gesagt, verrät Fath Senior den Reportern. Inzwischen ist er, wie so viele andere, ganz begeistert von dem Projekt. Und ganz sicher weiß er besser als die meisten anderen was sein Sohn bisher geleistet hat. Rolf Fath ist jedenfalls der erste, der dem Langstreckenschwimmer die Hand drückt, als der in Speyer aus dem Wasser steigt.

Im Blog des Furtwanger Teams im Internet war zu lesen, dass es unterwegs oft schwieriger war als erwartet. Vor allem der Vorderrhein hat sich als echte Herausforderungen erwiesen. „Ich dachte, da muss ich nur wenig tun, mich einfach von der Strömung mitnehmen lassen“, gesteht der Extremschwimmer. „Doch da muss man permanent dagegen ankämpfen, dass man in der Kurve ans Ufer gedrückt wird – und es kommt eine nach der andern. Da braucht man unbedingt kundige Führer mit Erfahrungen im Rafting“, versichert er. Kaum erholt von den Strapazen im wilden Gebirgsfluss haben sich ihm dann im Bodensee bei starkem Wind die Wellen entgegengestellt, so dass er die Seeetappe nach Konstanz, die er eigentlich am Stück absolvieren wollte, schon in Romanshorn abbrechen musste.

In Iffezheim hat dann das Hochwasser den Zeitplan erneut außer Kraft gesetzt: An der Schleuse gab es wegen eines um drei Zentimeter zu hohen Pegelstandes ein generelles Schwimmverbot, das auch für den Professor aus Furtwangen nicht außer Kraft gesetzt wurde. Glücklicherweise war der Pegel am nächsten Morgen dann genau um die drei Zentimeter gesunken, die das Weiterschwimmen erlaubten. Seither ist es dank der guten Strömung flott vorangegangen. Für die ersten 25 Kilometer von Mannheim bis Worms hat Fath am Dienstag nur etwas mehr als zwei Stunden gebraucht.

Das Projekt

Bei der Aktion „Rheines Wasser“ geht es Andreas Fath vor allem um wissenschaftliche Untersuchungen. Tägliche Proben sollen zeigen, welche Schadstoffe der Fluss mit sich führt und wie weit er schon mit Mikroplastik belastet ist. Fath sammelt außerdem Geld für ein neues Analysegerät. Angesichts einer Reihe von Wehren müssen der Schwimmer und seine Begleiter gelegentlich auch aus dem Wasser. Die ersten Kilometer musste Fath – mangels ausreichender Wassermengen im Flussbett – das Mountainbike nehmen. Das größte Hindernis, das zu umgehen war, war der Rheinfall bei Schaffhausen; dazu kamen bisher rund 20 große Wehre.