Politik: Matthias Schiermeyer (ms)


So schafft es die intern wie extern in die Bredouille geratene CDU, dass es nicht bei Nettigkeiten bleibt. "Spieglein, Spieglein in der Hand, das erwartet unser Land", heißt es auf den Plakaten, die Hannelore Kraft mit einem Handspiegel zeigen, in dem die Hessin Andrea Ypsilanti zu sehen ist. "Rot-roter Wahlbetrug nicht für NRW!" Wieso Betrug? Immer wieder wird Kraft gefragt, wie sie es denn nun mit der Linkspartei halte. Und jedes Mal sagt sie ihr Sprüchlein auf: Die Linken seien weder koalitions- noch regierungsfähig. Ziel sei es, sie unter fünf Prozent zu drücken. Punkt.

Die Debatte über Rot-Rot-Grün tut Kraft als reines Medienthema ab, sie schließt so ein Bündnis aber keineswegs aus. Einen Fehler, wie ihn Andrea Ypsilanti gemacht hat, will sie nicht wiederholen. Man ahnt: Gewiss wird sie nach dem 9. Mai mit den Roten paktieren, wenn es nottut. Genauso wie Kraft den Grünen unterstellt, sofort zu den Schwarzen überzulaufen, wenn ihnen allein dies eine Machtbeteiligung ermöglichte. Über die große Koalition, eine durchaus wahrscheinliche Option, mag erst recht keiner offen reden.

Kraft hat wieder die Gewerkschaften hinter der SPD versammelt


Selbst die 71-jährige Helene Austermann, die sich grämt, weil ihr Sohn bei den Linken eingetreten ist, muss sich mit der Floskel zur Linkspartei begnügen. Und siehe da: die Seniorin ist auch noch zufrieden damit. "Frau Kraft wirkt offen und ehrlich", lobt Austermann nach einem Plausch bei Kaffee und Kuchen. "Man kommt an sie ran und wird ernst genommen", assistiert ihr der Lehrer Rainer Wagner.

Mit diesem Rezept hat die Frontfrau auch die Gewerkschaften wieder hinter der SPD versammelt. Denen verspricht sie vieles, was zwar Geld kostet, ihr aber gerecht erscheint. Bekanntermaßen sei sie "die Kohle-Tante", sagt Kraft nach einem Gespräch mit Managern und Betriebsräten der RAG Anthrazit in Ibbenbüren, wo eines der letzten deutschen Steinkohlebergwerke betrieben wird. Alle sind sich einig: Die Kohleförderung in NRW müsse dauerhaft erhalten bleiben - nicht aus Nostalgie, sondern als Gebot der Vernunft.

Den DGB-Landeschef Guntram Schneider ins Team geholt zu haben, erweist sich als geschickter Schachzug. Der Mann ist ein Rauhbein und prädestiniert dafür, die verlorenen Seelen aus dem Lager der Nichtwähler und der Linken zurückzulocken. Jüngst hat Rüttgers dem Gewerkschafter einen Zukunftspreis verliehen, auch um sein Bild vom Arbeitnehmerfreund zu polieren. Nun ist Schneider Krafts Schattenmann für das Arbeitsministerium. "Sie wollen das Land einschwärzen - nicht mit der Kohle, sondern mit ihren Programmen", tönt er über die CDU. Der alte sozialdemokratische Geist trägt ein frisches Gewand.