Die „Harald Schmidt Show“ scheint nach zwei wechselvollen Jahrzehnten endgültig Geschichte zu sein. Bei Sky flimmert die letzte „Harald Schmidt Show“ über den Schirm. Hört der König der Late Night ganz auf?

Stuttgart - Er hat es angekündigt, und sein Büro hat es bestätigt. Wenn der Bezahlsender Sky am Donnerstag die letzte Ausgabe der „Harald Schmidt Show“ (22.15 Uhr) ausstrahlt, endet nicht bloß ein Beschäftigungsverhältnis, sondern auch eine Ära: Nach zwanzig Jahren und mehr als zweitausend Sendungen tritt der hierzulande konkurrenzlose „Late Night Champion“, wie ihn Sky gern nennt, ab. Ob das schon ein Vorruhestand ist oder bloß der Anfang einer womöglich längeren Kreativpause, muss man abwarten, aber die „Harald Schmidt Show“, ohnehin längst Teil der deutschen Fernsehhistorie, scheint nach zwei wechselvollen Jahrzehnten endgültig Geschichte zu sein. Für die meisten Zuschauer ändert sich dadurch allerdings erst mal nichts, schließlich sendete Schmidt schon während seiner gut eineinhalb Sky-Jahren an den meisten Menschen vorbei. Nach Angaben der Plattform hatten seine Shows inklusive Wiederholungen nicht mal 100 000 Zuschauer. Aber Schmidt hatte zuvor auch im frei empfangbaren Fernsehen schon lange keine berauschenden Quoten mehr.

 

Der Entertainer kommentierte die Mitteilung von Sky, den auslaufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen, ähnlich lakonisch wie vor zwei Jahren die Abschiedsmeldung von Sat 1. Damals sagte er „schade“, diesmal „okay“. Vermutlich schwingt darin auch die Einsicht mit, dass zwanzig Jahre „Late Night Show“ genügen; eine gewisse Müdigkeit oder gar Lustlosigkeit ist ihm schließlich schon früher nachgesagt worden. Trotzdem darf durchaus getrauert werden, denn eine Persönlichkeit wie Schmidt bringt das Fernsehen nur alle Jubeljahre hervor; ob es ihr dann auch gelingt, sich zu etablieren, ist wiederum eine andere Frage. Harald Schmidt selbst kann man ohnehin nicht vorwerfen, er habe potenzielle Nachfolger nicht gefördert; selbst wenn Oliver Pocher (als Partner in der ARD) bei der Prüfung mit Pauken und Trompeten durchgefallen ist. Auch bei Sat 1 und Sky hat er dem Nachwuchs eine Chance gegeben: Der SWR-Moderator Pierre M. Krause („Es geht um mein Leben!“) war ebenso regelmäßig zu Gast wie Jan Böhmermann. Der hat mit seinem „Neo Magazin“ (ZDF Neo) vermutlich auch nicht mehr Publikum als Schmidt bei Sky, aber noch am ehesten das Zeug dazu, die Lücke zu schließen.

Sein Nimbus ist längst verblasst

Genau genommen aber war Schmidt dazu selbst schon seit gut zehn Jahren nicht mehr in der Lage. Biografisch betrachtet markiert das Jahr 2004 die Zäsur, als er bei Sat 1 eine offiziell nie begründete zwölfmonatige „kreative Pause“ einlegte und anschließend im Ersten wieder auferstand. Tatsächlich aber hatte er bereits gegen Ende seiner ersten Sat-1-Zeit längst nicht mehr jenen Nimbus, der ihn in den Neunzigerjahren zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten im deutschen Fernsehen hatte werden lassen. Seine Laufbahn als Kabarettist hatte Mitte der Achtziger am Düsseldorfer „Kom(m)ödchen“ begonnen. Mit der Sendung „Schmidteinander“ (WDR) startete seine Karriere als TV-Entertainer. Auch die ARD-Show „Verstehen Sie Spaß?“ nutzte Schmidt vor allem für eigene Comedy-Einlagen. 1995 wechselte er erstmals zu Sat 1, um fünf mal in der Woche die „Harald Schmidt Show“ zu moderieren. Seine zynischen Späße brachten ihm den Spitznamen „Dirty Harry“ ein.

Schmidts Rückkehr zur ARD wird vor allem wegen des gescheiterten Pocher-Experiments in Erinnerung bleiben: Der Versuch, seiner Show mit einem jungen Kollegen auch ein junges Publikum zu erschließen, ging gründlich daneben. 2011 kehrte er zu Sat 1 zurück, doch die zweite Liaison währte nicht mal acht Monate. Diesmal gab nicht Schmidt, sondern die Quote den Ausschlag: Bis zum Tag der Kündigung hatte die „Harald Schmidt Show“ im Schnitt rund acht Prozent Marktanteil. In dieser Region ist übrigens mittlerweile der gesamte Sender angekommen.

Als Harald Schmidt vor zwei Jahren bei Sat 1 aufhörte, ahnte Herbert Feuerstein, der alte Weggefährte aus gemeinsamen „Schmidteinander“-Tagen, die Rückkehr werde nicht lange auf sich warten lassen: „Er ist der ewige Entertainer, der kann gar nicht aufhören.“ Er werde „aus der Kanalisation“ kommen und eine Sendung machen, „von der noch niemand etwas ahnt.“ Und so geschah es auch. Die Lichter im Studio 449 in Köln-Mülheim waren kaum ausgegangen, da stand bereits fest, dass Harald Schmidt bei Sky ein neues Heim gefunden hatte.

Diesmal allerdings sieht es so aus, als könnte es selbst für den „ewigen Entertainer“ kein Comeback mehr geben. Aber wer weiß: sollten die Zahlen von „Wetten, dass . . . ?“ weiter sinken und das ZDF seine Nibelungentreue zu Markus Lanz beenden, könnte sich für Schmidt womöglich eine völlig neue Herausforderung ergeben. Erfahrungen mit kriselnden Samstagabendshows hat er dank seines Zwischenspiels bei „Verstehen Sie Spaß?“ ja schon. Die Sky-Shows der vergangenen Woche, als er mit Playmobilfiguren die Geschichte der „Harald Schmidt Show“ rekapitulierte, waren witzig und spritzig wie zu seinen besten Zeiten. Der Mann hat entschieden zu viel Feuer, um schon in Rente zu gehen.