FDP und CSU wollen den Druck auf Hilfeempfänger erhöhen. Doch Sanktionen für Arbeitsunwillige stehen längst im Gesetz.

Stuttgart - Der FDP-Chef Guido Westerwelle will mehr Langzeitarbeitslose im Winterdienst einsetzen, die CSU verlangt schärfere Sanktionen für arbeitsunwillige Hartz-IV-Empfänger. Die Rufe nach mehr Sanktionen bestimmen in schöner Regelmäßigkeit die politische Debatte. Manche Politiker wären gut beraten, zunächst ins Gesetz zu schauen. Denn schon jetzt gibt es zahlreiche Sanktionsmöglichkeiten, von denen die Jobvermittler auch Gebrauch machen.

Pflicht zur Arbeitsaufnahme


Hartz-IV-Empfänger sind verpflichtet, jede zumutbare Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit oder Eingliederungsmaßnahme anzunehmen. Es gibt im geltenden Recht umfangreiche Sanktionsmöglichkeiten. So kann zum Beispiel mit Sanktionen belegt werden, wer eine Weiterbildung abbricht. Wie stark gekürzt wird, hängt vom Anlass und vom Alter des Hilfebedürftigen ab. Generell gilt: Bei jungen Langzeitarbeitslosen werden Verstöße gegen die gesetzlichen Regeln besonders streng geahndet.

Was wird gekürzt?


Wenn Hartz-Empfänger ohne triftigen Grund ihre Pflichten verletzen, führt dies zu einer Kürzung des Arbeitslosengeldes II. Seit 2007 können die Jobvermittler neben der Regelleistung auch Überweisung für Unterkunft und Heizung sowie Leistungen für Mehrbedarfe verringern.

Umfang der Sanktionen


Bei der ersten Pflichtverletzung wird nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit die Regelleistung für drei Monate um 30 Prozent gekürzt. Bei einem wiederholten Verstoß wird das Arbeitslosengeld II um 60 Prozent verringert. Kommt es innerhalb eines Jahres zu einer dritten Pflichtverletzung, können Jobvermittler den Regelsatz auch ganz streichen - ausgenommen von der Kürzung sind die Kosten für Unterkunft und Heizung. Allerdings besteht selbst bei groben Verstößen Spielraum. Erklärt sich ein Hartz-Empfänger mit drei Verstößen nachträglich bereit, seine Eingliederungsvereinbarung einzuhalten, erhält er wieder ein auf 60 Prozent vermindertes Arbeitslosengeld. Auch bei kleineren Versäumnissen müssen Hartz-Empfänger mit Konsequenzen rechnen. Kommen Erwerbslose nicht ihrer Pflicht nach, sich regelmäßig zu melden, wird der Regelsatz zunächst um zehn Prozent gekürzt.

Strenge Regeln für Junge


Besonders streng sind die Sanktionen für junge Menschen. Bei unter 25-Jährigen ist es so, dass schon bei der ersten Pflichtverletzung das Arbeitslosengeld II gestrichen werden kann. Bei fortgesetzten Verstößen ist es auch denkbar, dass die Leistungen für Wohnung und Heizung komplett gestrichen werden. Auch hier kann der Vermittler auf den Einzelfall eingehen. Erklärt sich ein Jugendlicher nachträglich bereit, die Vereinbarung zu erfüllen, können die Kosten für Wohnung und Heizung wieder übernommen werden.

Härtefälle


Werden die Leistungen um mehr als 30 Prozent gekürzt, können die Jobcenter als Ergänzung Sachleistungen anbieten. Davon machen die Mitarbeiter der Arbeitsagentur Gebrauch, wenn zum Haushalt von Hilfeempfängern minderjährige Kinder gehören.

Wie häufig sind Sanktionen?


Nach Daten der Bundesregierung verhängte die Arbeitsagentur von Januar bis Oktober vergangenen Jahres rund 600.000 Sanktionen.

Öffentliche Beschäftigung


Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle beklagt, dass zu wenige Langzeitarbeitslose zu öffentlicher Beschäftigung herangezogen werden. Dabei müssen die Behörden besondere Regeln beachten. So pochen gerade die lokalen Unternehmen darauf, dass öffentliche Arbeitsgelegenheiten keine regulären Jobs in der Wirtschaft verdrängen. Außerdem muss für diese Beschäftigung ein öffentliches Interesse nachgewiesen werden.