Das Fiasko um das Stuttgarter Schauspielhaus war vorhersehbar, sagt Intendant Hasko Weber. Dass die Politik trotzdem nicht rechtzeitig reagiert hat, irritiert ihn sehr. Für fraglich hält er, ob sein Nachfolger im Herbst ein saniertes Theater vorfinden wird.

Stuttgart – Er sei inzwischen „absolut emotionsfrei“, sagt der Intendant des Stuttgarter Schauspiels. Nachdem seit Mittwoch feststeht, dass das Stammhaus am Eckensee auch für den Rest der Saison geschlossen bleibt, herrsche wenigstens Klarheit, sagt der im Herbst ans Weimarer Nationaltheater wechselnde Hasko Weber. Mit Kritik an den verantwortlichen Gremien hält sich der 49-jährige Theatermann trotzdem nicht zurück.
Herr Weber, ich erreiche Sie am Telefon in Weimar, wo Sie Ihre neue Intendanz vorbereiten. Inwieweit belastet Sie das Ende Ihrer alten Intendanz?
So wie alles in der Zeit bis jetzt. Von Beginn der Sanierung an, seit drei Jahren, arbeiten wir im Bezug aufs Schauspielhaus mit Tausenden von Wenn und Aber. Das ist kräftezehrend. Auch wenn die gestrige Entscheidung für mich und uns alle schwierig ist, hat sie eine gewisse Klarheit gebracht. Ich bin inzwischen absolut emotionsfrei.

Wie wird denn der von Ihnen angekündigte „würdige Abschluss“ der Intendanz, die immerhin acht Jahre umfasste, ausschauen?
Mit dem würdigen Abschluss meine ich einen internen Vorgang: die Würdigung all der Mitarbeiter im Haus, die dafür gesorgt haben, dass wir durch drei Interimsspielzeiten gekommen sind. Das war eine tolle Leistung! Sie, Herr Müller, haben ja mit eigenen Augen gesehen, dass viele Mitarbeiter und Mitglieder des Ensembles am Mittwoch zur Pressekonferenz gekommen sind: ein Beweis für die Verbundenheit mit dem Theater. Aber wie unser Abschied vom Publikum aussehen wird, das müssen wir in der kommenden Woche noch beraten.

Sie haben angedeutet, dass Volker Löschs „Großes Fressen“ vielleicht doch noch gerettet werden kann. Es sollte die letzte Inszenierung in Ihrer Amtszeit sein . . .
Es steht einem Theater immer gut zu Gesicht, wenn es alles für den Erhalt einer Produktion unternimmt. Ein Grundimpuls, dem wir selbstverständlich auch in dieser Situation folgen. Vielleicht können wir das „Große Fressen“ auf einer anderen Bühne retten, in einer anderen Form.

Aber zurück zum Sanierungsdesaster. Sind Sie wirklich emotionsfrei?
Wir haben ständig auf die Probleme mit der Sanierung im Allgemeinen und der Bühnentechnik im Besonderen hingewiesen. Am Ende nun recht zu behalten, ist ein schwacher Trost. Es ist mir daher nach wie vor ein Rätsel, dass die Spitzen des Finanz- und des Wissenschaftsministeriums von den vorhandenen gravierenden Mängeln erst am Montag erfahren haben, obwohl wir ganz konkret schon vor einem Monat darauf hingewiesen haben. Wie kommt es zu einem derart gestörten Informationsfluss? Kommunikation kann man das, was in dieser Angelegenheit in den Ministerien stattfindet, nicht nennen.