Die Kreditinstitute müssen ihr Online-Angebot ausweiten, gleichzeitig aber auch vor Ort Präsenz zeigen. Mit weiteren Einschnitten ins Filialnetz würden sie ihren wichtigsten Vorteil gegenüber neuen Wettbewerbern verspielen: Das Vertrauen in die Hausbank.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Banken sind eigentlich nichts anderes als „Rechenzentren mit angeschlossenen Vertriebsstellen“. Diese nüchterne Feststellung stammt von einem Gewerkschafter, einem Mann also, der sich um die Interessen der Beschäftigten in den Vertriebsstellen, sprich Filialen, kümmert. Weil deren Zahl seit Jahren schrumpft, wird die Digitalisierung von vielen Bankmitarbeitern wie auch Kunden mit gemischten Gefühlen beobachtet.

 

Gleichzeitig wächst die Gruppe der Verbraucher, die neben Kontoeröffnung oder Überweisung auch komplexere Bankgeschäfte online erledigen wollen. Das hat Folgen nicht nur für die Zahl der Filialen und Schalterangestellten, sondern auch für die Mitarbeiter hinter den Kulissen. Denn wer als Bank in Zeiten von Vergleichsportalen und Online-Ratgebern für die Geldanlage bestehen will, muss sich stetig um attraktive Produkte bemühen. Das bezieht sich nicht nur auf Zinsen und Gebühren, sondern auch auf den Bedienkomfort von Internetseiten oder Smartphone-Apps.

Mit Paydirekt kamen die Banken zu spät

Viele Kreditinstitute haben den Veränderungsbedarf erkannt und übernehmen deshalb Arbeitsweisen und Konzepte aus der Softwarebranche. Trotzdem haben sie Schwierigkeiten, Herausforderern aus der Technologiebranche Paroli zu bieten. Beispiel Paypal: Der Online-Zahlungsdienstleister hat in Deutschland über 20 Millionen Kunden. Das 2016 von der Kreditwirtschaft lancierte Konkurrenzangebot Paydirekt kommt auf zwei Millionen.

Diese Erfahrung ist ein mahnendes Beispiel für andere Geschäftsfelder. Im Kreditgeschäft sind Banken und Sparkassen bislang nahezu unangefochten, weil Fintechs und selbst IT-Riesen offenbar vor diesem streng regulierten Bereich zurückschrecken. Doch auf Dauer können sich die klassischen Kreditinstitute darauf nicht verlassen.

Sie müssen einerseits in moderne Vertriebswege wie die Online-Kreditvergabe investieren – und gleichzeitig ganz traditionsbewusst ihren größten Vorsprung ausbauen: Den Vertrauensvorschuss, den sie bei vielen Kunden im Vergleich zu neuen Anbietern genießen. Präsenz vor Ort kann dabei helfen, ganz sicher aber auch eine verbesserte Beratungsqualität – online wie in der Filiale. Sonst verlieren die Banken irgendwann wirklich ihre Sonderstellung unter den „Rechenzentren“.