Diese Nachricht war nur eine Frage der Zeit. Warum sollte ein renommierter Künstler wie Marco Goecke lange heimatlos bleiben? Während der neue Intendant des Stuttgarter Balletts eine Zukunft ohne den langjährigen Hauschoreografen plant, startet Goecke in Hannover neu.

Stadtleben/Stadtkultur/Fildern : Andrea Kachelrieß (ak)

Stuttgart - Choreografie-Altmeister Hans van Manen hat sein Urteil längst gefällt und weiß, dass er Marco Goecke „zu den zehn wichtigsten Künstlerpersönlichkeiten der Gegenwart zählt“. Klar, dass ein Choreograf von diesem Format nicht lange ohne künstlerische Heimat bleiben würde, nachdem Tamas Detrich, von nächster Spielzeit an neuer Intendant des Stuttgarter Balletts, nicht mit Goecke als Hauschoreograf planen wollte. Und so war es nur eine Frage der Zeit, bis eine Meldung eintrifft, wie sie nun vom Staatstheater in Hannover kommt: Zur Spielzeit 2019/20 wird Marco Goecke dort Ballettdirektor.

 

Laura Berman, die dann in Hannover als Opernintendantin antritt, hat sich den renommierten Choreografen für die Tanzsparte an die Seite geholt. Marco Goecke soll beim Staatsballett Hannover, das 13 Jahre unter der Leitung von Jörg Mannes stand, für neue Impulse sorgen. „Marco Goeckes Choreografien sprechen mich wie viele Zuschauer stark an, weil er mit seiner prägnanten Bewegungssprache die Stimmung der heutigen Zeit abbildet“, begründet Berman ihre Wahl. Goeckes Werke faszinierten durch ihre Virtuosität und Intensität, aber auch, weil seine Bilder zutiefst berührten. „Ich bin glücklich, dass ich einen so starken und konsequenten Künstler für Hannover gewinnen konnte“, so die designierte Opernintendantin.

Marco Goecke will junge Kollegen fördern

Bereits mit seinen ersten Stücken für die Noverre-Gesellschaft hatte Marco Goecke in Stuttgart auf sich aufmerksam gemacht. Intendant Reid Anderson hatte den eigenwilligen Künstler mit der Spielzeit 2005/2006 zum Haus-Choreografen des Stuttgarter Balletts ernannt, im Dezember 2006 schuf er hier mit dem „Nussknacker“ sein erstes Handlungsballett. 60 Stücke später, die von vielen internationalen Kompanien getanzt werden, gilt Marco Goecke als einer der wenigen Choreografen mit einer eigenen Bewegungssprache. Das Stuttgarter Ballett attestiert seinem Noch-Haus-Choreografen ein „Sprengen der ästhetischen Grenzen“. „Die völlig neuen Bewegungen schärfen das moderne Profil der Kompanie und fordern die Tänzer auch technisch heraus“, heißt es in der offiziellen Biografie des Tänzers.

Über rund dreißig Tänzer verfügt die Kompanie in Hannover derzeit; für die Arbeiten Marco Goeckes eine ideale Stärke: „Ich freue mich sehr, dass ich mit Hannover ein Zuhause für meine Kunst gefunden habe“, sagt der Choreograf. „Es ist für mich ein großer Schritt, eine eigene Kompanie zu übernehmen, aber ich freue mich sehr darauf Tänzer aufzubauen, für die ich gerne ins Haus komme und die ihrerseits gerne mit mir arbeiten.“ Wichtig sei ihm auch, betont Goecke, junge Choreografen zu fördern und ein anspruchsvolles und spannendes Programm zu bieten.

Laura Berman setzt daneben auf die gute Vernetzung Goeckes. „Hannover mit seinem Tanzfestival und dem international renommierten Wettbewerb ist, so glaube ich, eine sehr tanzaffine und neugierige Stadt, wozu natürlich Jörg Mannes mit seiner kontinuierlichen Arbeit auf hohem Niveau beigetragen hat“, sagt sie. „Marco Goecke wird neben eigenen Werken einen Spielplan mit einer großen Vielfalt an choreografischen Handschriften präsentieren. Er arbeitet mit Ballettkompanien weltweit und verfügt über beste Kontakte.“