Die überraschende Wahl von Uwe Braun (CDU) anstelle von Gaby Wulff als Vizebürgermeister sorgt für eine gewisse Verstimmung im Gemeinderat.

Heimsheim - Die Vize-Bürgermeisterwahl ist eigentlich in den meisten Kommunen eher eine Formalie. Das Amt hat de facto wenig Einfluss, bedeutet meist nur viel Arbeit und und ist rein ehrenamtlich – aber es hat natürlich eine protokollarische Bedeutung. Dass am Montag überraschend der CDU-Fraktionschef Uwe Braun als zweiter Vize-Schultes gewählt wurde, und nicht Gaby Wulff als Vertreterin der zweitgrößten Fraktion, sorgt daher schon für ein kleines Gewitter im Rathaus.

 

Was ist passiert? Eigentlich gilt in Heimsheim seit Jahrzehnten folgender Usus: Der Stimmenkönig wird erster Bürgermeister-Stellvertreter, meistens gehört der ja rein mathematisch auch der größten Fraktion an. Und dann stellt die zweitgrößte Gruppierung den zweiten Vize. Damit wäre neben dem unumstrittenen Walter Müller von den Freien Wählern eigentlich Gaby Wulff am Zug gewesen – die Fraktionschefin der „Bürger für Heimsheim“ stellt mit 25,8 Prozent die zweitgrößte Gruppe, nur ganz knapp nach den Freien Wählern (26,6 Prozent). Die CDU folgt mit 21,1 Prozent, die SPD mit 20,4 Prozent.

Kampfabstimmung bringt Uwe Braun als Sieger hervor

Nun aber schlug in der Gemeinderatssitzung Bernd Schönfelder, der Fraktionschef der Freien Wähler, Uwe Braun vor – der schließlich in einer Kampfabstimmung mit 8:6 Stimmen auch gewählt wurde. Offenbar gab es im Vorfeld Absprachen zwischen CDU und FWV, dies so zu machen. „Das ist kein Eklat, sondern ein normaler demokratischer Vorgang“, erklärt Schönfelder auf Anfrage. Wulff und Braun hätten persönlich genau die gleiche Stimmenanzahl gehabt. „Keine Regel ohne Ausnahme“, erklärt er dazu. Schon 2004 habe man einen Vizebürgermeister länger amtieren lassen, von daher sei es nicht in Stein gemeißelt, wie verfahren werde.

Schönfelder kann die Aufregung darüber nicht verstehen. „Man sollte da nichts reininterpretieren, es war von vornherein bekannt, dass sich Uwe Braun für das Amt bewirbt“, erklärt der FWV-Sprecher. Klar, er habe den Vorschlag gemacht und sei jetzt der „böse Bube“, aber schließlich stellten die „Bürger für Heimsheim“ auch nur drei von 14 Sitzen. Die Mehrheitsverhältnisse seien jedenfalls klar.

Was sagt der Bürgermeister Jürgen Troll dazu? „Ich habe Frau Wulff vorgeschlagen, weil es bislang so Usus war“, erklärt er. Allerdings sei es auch ungewöhnlich, dass die beiden zur Wahl stehenden Räte genau die gleiche Stimmenzahl hätten. Das Ergebnis habe sich angedeutet, im Vorfeld sei ihm Brauns Kandidatur schon signalisiert worden, erklärt er. Der Schultes sieht darin keine große Sache: „Wir werden trotzdem weiter so sachlich zusammenarbeiten wie bisher auch.“

Das sieht die betroffene Gaby Wulff zwar im Prinzip auch so – sie zeigt sich aber dennoch verärgert. „Ich bin schon von manchen Leuten enttäuscht, das war unehrlich“, sagt sie. Dabei gehe es nicht so sehr um ihre Person. „Ich brauche nicht unbedingt ein Amt“, betont die Fraktionschefin. Es sei aber gegenüber ihrer Fraktion nicht fair, die fast die stärkste Gruppierung geworden wäre. Nur aufgrund des neuen Wahlrechts hätten die „Bürger für Heimsheim“ einen vierten Sitz verpasst.

Wulff: FWV und CDU haben sich vorher abgesprochen

„Jetzt sind wir nicht in der Riege vertreten, aber die CDU, die 200 Stimmen weniger als wir erhalten hat“, ärgert sich Gaby Wulff. Offenbar hätten sich FWV und CDU vorher abgesprochen. Und ein weiterer Aspekt ärgert Wulff ebenfalls. „Schon seit vielen Jahren wurde immer gesagt: Es wäre schön, wenn mal eine Frau dort vertreten wäre“, sagt sie. Die Chance habe man nun gehabt und nicht genutzt – obwohl sie den Usancen des kommunalpolitischen Betriebes entsprochen hätte.

Wulff verweist dann schon darauf, dass in den Fraktionen von FWV und CDU ausschließlich Männer säßen. Doch überbewerten will sie den Aspekt auch nicht – falsch sei die Entscheidung vor allem gegenüber ihrer Fraktion.

„Natürlich werde ich mich auch ohne das Amt weiter einbringen, wie die vergangenen 15 Jahre auch“, stellt Wulff klar. In der Sache wolle sie weiter mit den anderen Fraktionen gut zusammenarbeiten. „Einen kleinen Knacks hat das aber schon gegeben“, räumt sie ein. Man werde sehen, wie sich das künftig auswirke.

Der Freie-Wähler-Fraktionschef Bernd Schönfelder kündigt schon mal an: „Es wird dazu noch Gespräche geben.“ Er habe schon erwartet, dass es eine Reaktion der zweitgrößten Fraktion geben werde. Der Bürgermeister Jürgen Troll will den überraschenden Wahlgang nicht überbewerten: „Das ist eben Demokratie, man muss die Entscheidung des Gemeinderates so akzeptieren, wie sie gefallen ist.“

Kommentar

Galant ist anders

Gemeinderat
Formal korrekt, politisch ein kleiner Affront.

Natürlich ist der Gemeinderat frei, die beiden stellvertretenden Bürgermeister zu wählen. Und die Gemeindeordnung schreibt lediglich vor, die Gruppierungen im Gemeinderat sollten angemessen vertreten sein in der Riege der Vize-Schultheißen. Das lässt vieles offen. Es ist aber in den allermeisten Kommunen, und bislang auch in Heimsheim, guter Brauch, die Fraktionen gemäß ihrer Größe zu berücksichtigen. Weil in der Kommunalpolitik eben meistens, anders als im Bundestag, keine Koalitionen die Exekutivvertreter stellen.

CDU und FWV haben sich in Heimsheim für einen anderen Weg entschieden. Das ist demokratisch korrekt und auch formal nicht zu beanstanden. Politisch ist es aber schon ein kleiner Affront, zumindest ein unfreundlicher Akt gegenüber den „Bürgern für Heimsheim“, die bei der Kommunalwahl im Mai deutlich zugelegt haben und um ein Haar stärkste Fraktion gewesen wären. Dass die CDU sich nun als deutlich drittstärkste Gruppe mit einem Vizeposten schmücken kann, sorgt bei der BfH-Fraktion für einiges an Ärger – nicht ganz zu unrecht. Besonders galant war es jedenfalls nicht von der Herrenriege, einer engagierten Dame das Ämtchen streitig zu machen, obwohl sie nach den ungeschriebenen Gesetzen an der Reihe gewesen wäre.

Die Zusammenarbeit im Heimsheimer Gemeinderat ist (wieder) gut. Es wäre schade, wenn das durch solche Machtspielchen aufs Spiel gesetzt würde. Man sollte miteinander reden. Vielleicht kann man der zweitgrößten Fraktion ja anderswo entgegenkommen – damit das Klima im Rat so konstruktiv bleibt, wie es zurzeit ist.