Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Özcan Cosar, der Jüngste im Bunde, ist an diesem Abend der Politischste der drei. Ständig wechselt der 34-jährige türkisch-stämmige Shootingstar der Comedy-Szene von der „Kanak-Sprak“ ins Schwäbische oder Hochdeutsche, den Idiomen seiner Sozialisation. „Eh, Türke sein ist voll anstrengend“, sagt er und ahmt den Habitus der jungen Männer nach, setzt ein grimmiges Gesicht auf, macht die Schultern breit und sagt bedrohlich: „Ey, Alter!“ Da bekomme man voll Muskelkater von, habe ihm ein Kumpel erzählt, der es ausprobiert hat. „Stehen Sie mal zehn Stunden so am Bahnhof“, sagt er. Gelächter. Und Applaus, als er ankündigt, jetzt die Bewegung Öwisesozu – „Öczan will seinen Solidaritätszuschlag zurück“ – zu gründen, weil er mit dem Geld wohl die erste Reihe der Pegida-Demonstranten in Dresden finanziert habe.

 

Stefan Waghubinger ist der Stille im Trio. Seine Bühnenfigur sitzt mit einem Bier am Kneipentisch, hat Knatsch mit der Ehefrau, weil er mal wieder ihren Geburtstag verpennt hat. „Dabei hab’ ich es doch gemerkt, weil ich schon zweimal hintereinander Geburtstag hatte.“ Da habe er sie in die Küche geschickt, um auf dem Kalender nachzuschauen, wann ihrer dran sei. Die Folge: sie sei jetzt wieder bei ihrem Verein, der gegen den Frühling kämpfe. Greenpeace halt. Der verzweifelte und für sich alle Sensibilität der Welt in Anspruch nehmende Ehemann versteht die Gattin längst nicht mehr. Brauche sie doch immer zwei Decken, damit sie nicht friere – und jetzt mache sie mobil gegen den Klimawandel. Waghubingers Held ist der Superschlaue, der sich die Welt nach seinen Gesetzen und zu seinem eigenen Wohlgefallen baut.

Achtung, Stuttgart 21-Alarm!

Roland Baisch (61) ist der „graue Star“ des Abends, wie er selbst von sich sagt. Er übernimmt die Rolle des Conférenciers. Mal im schwarzen, mal im weißen Maßanzug. Fehlt nur noch die Showtreppe für den Entertainer, der den schwäbischen Sinatra gibt. Zusammen mit seinem Freund, dem Gitarristen Frank Wekenmann, rockt er den Saal – selbstironisch mit seinem Alter kokettierend. Weil es keine Lieder über Bratislava gibt – Achtung, Stuttgart-21-Alarm: das ist die slowakische Stadt an einem Ende der Tangentiale Paris–Bratislava –, lässt er sein Publikum mit einem subversiven Grinsen im Gesicht „Bratislawa, I love you“ singen. Und weil das Publikum schon ein bisschen in die Jahre gekommen ist und über solchen Zuschreibungen steht, gibt’s für seine Charakterisierung junger Mütter auch viel Applaus: „Die sind so aggressiv, mit denen könnte man die Krim zurückerobern.“ Korntal ist eben überall; und der Alltag mit seinen Absurditäten sowieso.