Andreas Löw aus Korntal wird der leitende Pfarrer der evangelischen Diakonieschwesternschaft.

Herrenberg - Beim Zweiten Deutschen Fernsehen hat er sich als Moderator schulen lassen und auf dem deutschen Kirchentag vor 5000 Menschen Diskussionsveranstaltungen geleitet. Nun gestaltet er den Bibelkreis der evangelischen Diakonieschwesternschaft Herrenberg-Korntal, die ihn am Sonntag in der Herrenberger Stiftskirche während eines Festgottesdienstes in sein neues Amt eingeführt hat. Der Korntaler Dr. Andreas Löw wird der neue leitende Pfarrer der rund 600 Schwestern und Brüder und ist der Nachfolger von Pfarrer Günter Knoll. Dem 48-Jahre alten Theologen sind neben der Bibelarbeit auch gesellschaftliche Fragen wichtig. Zum Beispiel: „Wie können wir junge Leute dafür gewinnen, einen sozialen Beruf zu erlernen?“

 

Mit 17 in eine WG in Stuttgart

Als Jungspund ist er mit dem Moped von seinem Heimatort Brackenheim-Meimsheim im Zabergäu nach Lauffen am Neckar gedüst, um dort den Zug nach Stuttgart zu erwischen. An der Stuttgarter Kerschensteinerschule hatte er die Gelegenheit, neben dem Unterricht den Beruf des chemisch-technischen Assistenten zu erlernen. Bei Wind und Wetter war er unterwegs. Und weil er dabei auch manchmal krank wurde, zog er mit 17 Jahren zu Hause aus und in eine Wohngemeinschaft in die Landeshauptstadt, um dort seine Reifeprüfung an der Schule abzulegen. Einen sozialen oder theologischer Beruf hatte der gebürtige Heilbronner damals selbst noch nicht im Blick.

Nach der Schule zum Bund

Nach dem Abitur ging es zur Bundeswehr. „Zu den Panzern nach Külsheim in den Main-Tauber-Kreis“, erinnert sich Löw. Bis dahin hatte sich der aus einem christlich geprägten Elternhaus stammende junge Mann in der kirchlichen Jugendarbeit in Meimsheim engagiert, Jugendfreizeiten organisiert und geleitet und auch schon über christliche und gesellschaftliche Fragen diskutiert. „Bei der Bundeswehr war das etwas ganz anderes. Da herrschte ein autoritärer Ton“, sagt Löw. Bei ihm reifte damals der Entschluss, Theologie zu studieren, weil er sich nach der Lebensfreude zurücksehnte, die er bei der kirchlichen Arbeit so genossen hatte. Weshalb er überhaupt zu den Soldaten gegangen ist? „Ich finde es sinnvoll, wie die Alliierten den Nationalsozialismus bekämpft haben“, sagt Löw. Dies sei als letztes Mittel legitim. Wenn es hart auf hart gehe, „können wir Christen nicht nur zuschauen“. Deshalb habe er den Kriegsdienst nicht verweigert.

Gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Evangelium

Von 1984 an studierte der Brackenheimer in Heidelberg und Berlin und begegnete dem evangelischen Theologen Helmut Gollwitzer und ehemaligen Schüler des „Kirchenvaters des 20. Jahrhunderts“, Karl Barth. Löw beeindruckte das Eintreten für einen kirchlichen Widerstand gegen staatliche Vereinnahmung und die Verletzung elementarer Menschenrechte. Löw, Leiter der Evangelischen Berufsfachschule für Haus- und Familienpflege und bis dato geschäftsführenden Pfarrer der evangelischen Brüdergemeinde in Korntal, treibt vor allem der demografische Wandel um. Und die Tatsche, dass es immer mehr Pflegebedürftige gibt und viel zu wenig Pfleger. „Die Menschen haben ein Recht auf ihre Würde im Alter“, sagt Löw, „sie sollen nicht nur satt und sauber sein“. Auch am Lebensabend hätten die Menschen einen Anspruch auf Kultur und Unterhaltung, unterstreicht der Geistliche.

Ums so mehr freut es Löw, der diverse Pfarrerstationen hinter sich gebracht hat, wenn wie zuletzt 35 ältere Menschen zu seinem Bibelkreis kommen und mit ihm über das Markus-Evangelium und die Vertreibung der Juden aus Jerusalem sprechen. Selbst ein 102 Jahre alter Mann habe aktiv an der Bibel-Analyse teilgenommen. Das ist es, was dem promovierten Theologen und geschulten Moderator ein Herzensanliegen ist: Die theologische und aktuelle gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den Worten des Evangeliums.