Der Leiter der Volkshochschule und der städtischen Galerie quittiert nach 38 Jahren den Dienst. Helge Bathelt hat jedoch nicht alles erreicht, was er wollte.

Herrenberg - Riesige Hornbrille, große Augen und der Oberkörper in ovaler Form – Helge Bathelt ist so vor 30 Jahren von dem Künstler Hardy Ecke porträtiert worden. Das Gemälde hängt noch heute vor dem Dienstzimmer des Leiters der Volkshochschule (VHS) Herrenberg. „Ecke hat mich rund gemacht, im Botero-Stil“, sagt Bathelt und schmunzelt. Gerne posiert er vor dem Bild. Seine heutige Körperhaltung verrät ihn. Zum Jahresende wird er sagen: „Habe fertig“. Dann nämlich geht er nach 38 Jahren als VHS-Leiter und Chef der städtischen Galerie in Pension.

 

VHS-Programm stark erweitert

„Es ist hier doch wie in einem französischen Schloss. Der Souverän hängt an der Wand“, spöttelt Bathelt über sich selbst. In seinem Dienstzimmer summt die Pumpe eines Aquariums. Die Fische in dem Glaskasten brächten ihn zum Nachdenken und auf neue Ideen, sagt der gebürtige Sindelfinger. Gemeinsam mit seinem Team habe er das VHS-Programm von 5000 Unterrichtsstunden im Jahr 1975 auf rund 36 000 erweitert. Und woher kommt der Hang zu den Schuppentieren? Sein Vater sei ein fanatischer Angler gewesen und habe ihn oft mitgenommen, sagt Bathelt. „Im Alter von vier Jahren habe ich meinen ersten Hecht gefangen.“

Einer von Bathelts Gedankenblitzen war: ein Skulpturenpfad, der an den Renaissancemaler Jerg Ratgeb erinnert, auf den der Herrenberger Altar zurückgeht. Für Bathelt ist es eine „tiefe Herzensangelegenheit“, diesen Pfad mit Werken vor allem regionaler Künstler in der Stadt zu verwirklichen, „der verwunschene Ecken zwischen der Stiftskirche und der Schlossbergruine aus dem Dornröschenschlaf wecken und eine Nahtstelle zwischen der Altstadt und der Schönbuchlandschaft bilden soll“. Bathelt hat seine Dienstzeit deshalb um fünf Monate verlängert. Denn eigentlich sollte der Pfad bereits im Herbst fertig sein, doch der rührige Mann musste noch Künstler wie Lutz Ackermann dazu bewegen, Werke beizusteuern. Jetzt dauere es wohl bis zum Frühjahr, bis der Pfad eingeweiht werden könne.

Die Ausstellung „Eigenart“ auf dem Venusberg

Bathelt wollte auch eine Skulptur des ehemaligen Stuttgarter Bildhauers Hans-Dieter Bohnet, welche in Böblingen wegen des Kreissparkassenumbaus abmontiert worden ist, gerne in den Jerg-Ratgeb-Pfad integrieren. Doch lehnten die Böblinger sein Ansinnen ab, obwohl ein neuer Standort noch nicht gefunden ist. „Die Skulptur liegt jetzt irgendwo auf einem Böblinger Bauhof herum“, sagt Bathelt, für den das ein einzigartiger Kunstfrevel ist. Aber das letzte Worte sei noch nicht gesprochen.

Dennoch will der eifrige Kunstsammler jetzt von der Dienstbühne abtreten. Einer der Höhepunkte war für ihn die Ausstellung „Eigenart“, die er mit 42 Skulpturen auf dem Aidlinger Venusberg zwischen den Jahren 2001 und 2003 umsetzte. Mehr als 100 000 Kunstfreunde pilgerten dorthin, um die Werke so namhafter Künstler wie Bernhard Heiliger, Heinz Mack, Otmar Alt oder Alfred Hrdlicka zu bestaunen. Bathelt hatte es verstanden, Sponsoren dafür zu gewinnen, die das rund 180 000 Euro teure Projekt ermöglichten.

Bekanntheitsgrad von Künstlern gefördert

Der Kunstförderer blickt aber auch auf unvollende Vorhaben zurück, wie etwa der städtischen Galerie ein angemessenes Zuhause zu geben. Immer wieder hat er durch seine vielfältigen Kontakte dort dennoch für bemerkenswerte Ausstellungen gesorgt. So war er zunächst bis 1993 Vorsitzender des Landesverbandes der Freien Akademien für Kunst und Design und anschließend Verbandsvorsitzender der freischaffenden Bildhauer Baden-Württembergs, wodurch er qua Amt deren Bekanntheitsgrad zu steigern vermochte.

Auch für die Volksbank initiierte der Galerieleiter große nationale und internationalen Kunstbegegnungen, die er ebenfalls gerne in einem neuen großen Museum der Stadt gesehen hätte. Doch blieb es bisher bei dem Domizil im Rathaus. „Wenigstens könnte die Beleuchtung dort besser sein“, grantelt Bathelt. Der Herrenberger Fruchtkasten wäre ein geeigneter Ort für die städtische Galerie gewesen. Doch hätten sich die Stadtoberen bisher nicht dazu durchringen können.

Auch als Pensionär will der einstige Honorarprofessor an der Hochschule für Sozialwesen in Esslingen nicht ruhen und kreativ bleiben. Das Werk des Künstlers Frederick Bunsen, der Bathelt 2002 mit einem Vogel im Kopf als Symbol für seinen Einfallsreichtum porträtiert hat, wird da zum Programm. Als Musikliebhaber möchte Bathelt den norwegischen Jazz-Saxofonisten Jan Garbarek für das Kulturfestival Sommerfarben gewinnen. Zudem will er sich für den Kunstverein Stuttgart-Bad-Cannstatt engagieren und für die Künstlergilde Buslat bei Pforzheim. Und er wird weiterhin Kunstwerken hinterher jagen, um sie für Ausstellungen zu ordern oder sie daheim aufzuhängen. Am meisten habe ihn die informelle Kunst beeindruckt. „Es ist erschreckend“, sagt er, „aber mir gefällt alles, was gut ist.“