Ein Hessen-Tatort mit dem LKA-Ermittler Murot ist noch nie bloße Krimiunterhaltung gewesen. Auch aus dem Ausflug in dessen Vergangenheit wird eine Abenteuerreise für den Zuschauer, die vielen sicher noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Stuttgart - Ein Tatort mit dem LKA-Ermittler Felix Murot (Ulrich Tukur) ist noch nie gewöhnliche Krimi-Unterhaltung gewesen. Aber das, was Florian Schwarz (Regie) und Michael Proehl (Buch) dem Zuschauer am Sonntagabend geboten haben, hat dem bisherigen Standard noch einmal eine Krone aufgesetzt – im positiven Sinne.

 

Mit „Im Schmerz geboren“ haben Regisseur und Drehbuchautor einen artifiziellen Film gewagt, der mal als Shakespeare-Melodram, mal als Wildwest-Film daherkommt. Beides geht in dem preisgekrönten Tatort munter durcheinander. Während die Zuschauer am Anfang in Reclamheft-Rhetorik, also wie im Theater, von einem Sprecher auf den nächsten Akt vorbereitet werden, stehen sich wenige Augenblicke später bereits schwitzende Männer unter sengender Hitze an einem verlassenen Bahnhof gegenüber, als wollten sie sich wie in einem Italo-Western von Sergio Leone duellieren.

Vollends ins Groteske driften die Szenen dann ab, wenn die prägnante Musik des HR-Sinfonieorchesters einsetzt. Bestes Beispiel dafür ist eine Schießerei kurz vor Schluss, bei der Dutzende Männer zur wuchtigen Musik des Israelitenchors aus Giuseppe Verdis „Nabucco“ ballern, was die Maschinengewehre hergeben. Beachtliche 23 Ausschnitte aus klassischen Werken von Ludwig van Beethoven bis Antonio Vivaldi drücken dem Film ihren Stempel auf.

Die Macher haben diese Stilmittel extrem eingesetzt und damit Mut bewiesen. Es ist ihnen gelungen, aus dem Ausflug in Murots Vergangenheit eine Abenteuerreise für den Zuschauer zu machen, die sicher nicht jeder wieder antreten würde. Wem dieser Tatort zu viel des Guten war, der sei schon einmal auf Ende Oktober verwiesen. In Ludwigshafen geht bestimmt alles wieder seinen gewohnten Trott.