Unter der Rubrik „Himmelwärts“ haben wir die Kirchtürme des Stadtbezirks Bad Cannstatt vorgestellt. Den Abschluss der Serie macht nun eine Kirche ganz ohne Kirchturm: die der Neuapostolischen Gemeinde an der Dennerstraße.

Bad Cannstatt - Der Kirchturm ist ein markantes Zeichen einer Kirchengemeinde. Er ragt über die angrenzenden Dächer hinaus, wird von weit her gesehen. Zudem trägt er die Kirchturmglocken, mit denen zum Gottesdienst gerufen wird. Bei der Neuapostolischen Kirche ist dies nicht so. Sie haben überhaupt keinen Kirchturm. „Bei uns gab es noch nie eine Kirchturmtradition“, erklärt Wolfgang Oehler; er ist zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit.

 

Zu Beginn habe sich die noch junge Kirchengemeinde, die vor 150 Jahren aus der Erweckungsbewegung entstanden ist, in einfachen Versammlungsräumen getroffen. Erst später habe man eigene Kirchen und Gemeindezentren gebaut und diese dann auch eher schlicht gehalten, sagt Oehler. „Was wir am Kauf der Glocken gespart haben, haben wir in unsere Orgel investiert“, sagt er scherzhaft. Diese sei eine der wenigen romantischen Orgeln in der Region und damit eine kleine Rarität, fügt Holger Brehm, der stellvertretende Gemeindevorsteher, hinzu.

Die Orgel spielt mit Ökostrom

Das Gebäude an der Dennerstraße ist im vergangenen Jahr eröffnet worden. Es vereint Kirche und Gemeindezentrum in einem Bau, der durch eine ungewöhnliche ovale Struktur besticht. Entworfen wurde es vom Architekten Jochen Uhlmann vom Büro Mühleisen und Partner. Bei dem Neubau sei es ihnen wichtig gewesen, ökologisch und nachhaltig zu bauen, erklärt Oehler. In der Kirche herrschen Naturhölzer vor; die Orgel spielt mit Ökostrom. Der evangelische Stadtdekan Søren Schwesig schenkte der Neuapostolischen Gemeinde bei der Einweihungsfeier einen Apfelbaum, der im Garten gepflanzt wurde. Vor der Kirche steht ein neu gepflanzter Ahorn.

„Im Zentrum unseres Glaubens steht das Wort Jesu: Ich will wiederkommen und euch zu mir nehmen“, sagt Oehler. Ihnen als Kirchengemeinde sei es wichtig, mitten im Leben zu stehen und den Menschen nahe zu sein. „Kirche hat nur dann Sinn, wenn sie beides mit einschließt, das Heute und das Jenseits“, sagt er. Die Apostolische Gemeinde in Bad Cannstatt hat 350 Mitglieder. Circa 40 Prozent nehmen regelmäßig am Gottesdienst teil – auch ohne vom Glockenläuten in die Kirche gerufen worden zu sein. „Wenn wir am Sonntag das Geläut von der nahen Martin-Luther-Kirche und der Liebfrauenkirche hören, dann freuen wir uns aber natürlich sehr“, sagt Brehm. Man lebe in guter christlicher Nachbarschaft miteinander.