Es ist ganz schön hitzig zugegangen beim Info-Abend zu den in Plieningen geplanten Flüchtlingsheimen beim Hallenbad. Der Andrang war riesig.
Plieningen - Die Sitzplätze waren zu knapp bemessen. Mit diesem Interesse an der Veranstaltung hatte die Bezirksvorsteherin Andrea Lindel offensichtlich nicht gerechnet. Bereits vor dem Beginn haben sich etliche Leute mit einem Stehplatz abgefunden, denn die zusätzlichen Stühle, die Rathausmitarbeiter auf die Schnelle aufgetrieben haben, waren besetzt, kaum dass sie im Sitzungssaal standen. So eng dürfte es hier selten zugegangen sein. Mehr als 100 Menschen sind am Mittwochabend, 5. Februar, gekommen, um sich über die beim Plieninger Hallenbad geplanten Flüchtlingsunterkünfte zu informieren.
Kontroverse und emotionale Debatte
Beim Zuhören allein sollte es nicht bleiben. Der Pfarrer und Moderator Hans-Peter Ziehmann hat die Bürger ausdrücklich aufgefordert, ihre Gedanken mitzuteilen. Und dies geschah denn auch. So leise und geordnet der Abend begonnen hatte, so kontrovers und emotional ging er zu Ende. Die Plieninger hegen gemischte Gefühle, wenn es um die neuen Unterkünfte für Flüchtlinge in ihrer Nähe geht.
Es war alles dabei, was sich von so einem Abend erwarten lässt: Fragen, die Interesse an der Lage der Flüchtlinge erkennen ließen, kritische Anmerkungen, Sorgen – aber auch Zwischenrufe unter der Gürtellinie.
„Wenn Not am Mann ist, muss geholfen werden“, sagte zum Beispiel Martin Selje von den Bezirks-Grünen. „Wir müssen sozialer denken“, sagte Folker Baur, Vorsitzender des Turnvereins. „Uns geht es allen so gut.“
Fremdenfeindliche Plakate lösen allseits Betroffenheit aus
Manche der Anwesenden sahen dies anders: „Plieningen hat vor 20 Jahren einen Beitrag geleistet“, sagte ein Bürger und bezog sich auf die Asylbauten, die schon einmal am Hallenbad standen. Nun seien andere Bezirke am Zug. Sigrid Dierfeld, ehemals FDP-Beirätin, will sich daran erinnern, dass im Vereinsheim im Wolfer damals etliche Sportschuhe verschwunden seien. Ungeachtet der Differenzen: Dass im Wolfer vor Kurzem NPD-Plakate gesichtet worden sind, traf allseits auf Betroffenheit.
Nach zwei Stunden war Ariane Müller-Ressing anzusehen, dass die Diskussion nicht spurlos an ihr vorbeigegangen ist. „Ich bin richtig angegriffen“, sagte sie. Seit 30 Jahren engagiert sie sich im Arbeitskreis Asyl in Sillenbuch. Dort leben seit 1992 Flüchtlinge. Müller-Ressing ist nach Plieningen gekommen, um aus ihrer Erfahrung zu berichten.
Sillenbuch gilt als beispielhaft
„Anfangs gab es in Sillenbuch große Widerstände“, sagte sie. Inzwischen gilt das Miteinander von Flüchtlingen und Bürgern stadtweit als beispielhaft. Das sagte nicht Müller-Ressing, sie ist nicht der Typ, der sich selbst rühmt. Das Lob kam von Stefan Spatz, dem stellvertretenden Sozialamtsleiter. Auch er war bei der Veranstaltung dabei, um vor allem Organisatorisches zu erklären.
Seit Ende 2013 steht fest, dass neben dem Hallenbad zwei Fertigbauten aufgestellt werden sollen. Sie bieten Platz für insgesamt 159 Menschen. Am Vorabend habe er im Fernsehen Nachrichten geschaut, sagte Spatz. „Da ging es um bekannte Themen: Syrien, Afghanistan, Afrika – die Krisenherde dieser Welt.“ Seien die Flüchtlingszahlen nach dem Ende des Balkankriegs wieder runtergegangen, seien sie vor allem im vergangenen Jahr „sprunghaft, ich sage es noch mal, sprunghaft angestiegen. Und der Trend hält an“, sagte Spatz. Und damit eines klar sei: „Es flüchtet keiner aus Lust und Abenteuer.“ Vor allem „für Kinder ist das absolut traumatisch“.
Ob diese Schicksale die Herzen der Plieninger öffnen sollten, darüber wurde am vergangenen Mittwoch, 5. Februar, auch nach Ende der Veranstaltung noch hitzig debattiert, in den Fluren und auch vor dem Rathaus. Klar ist: Im März will sich ein Freundeskreis gründen, nach Sillenbucher Vorbild.