Der Hobbyhistoriker Erwin Grieb hat jahrzehntelang die Historie des Stadtbezirkes erforscht.

Stuttgart-Vaihingen - Erwin Grieb hat sein Lebenswerk in jüngere Hände gegeben. Mehr als 30 Jahre lang hat sich der 91-jährige Hobby-Historiker intensiv mit dem Stadtbezirk Vaihingen beschäftigt. Er hat Kirchenbücher vom 16. Jahrhundert bis heute studiert und abgetippt, Fotos zusammengetragen und bei Streifzügen durch Vaihingen viele Bilder gemacht. Einen Großteil der Unterlagen – darunter auch Bücher und Karten – hat Grieb nun der evangelischen Kirchengemeinde übergegeben. Er hat die Hoffnung, dass die Sammlung so erhalten bleibt. Jemanden zu finden, der sich dafür interessiert, sei schwierig gewesen, sagt Grieb. „Doch es wäre schade gewesen, wenn alles in einem Container gelandet wäre.“

 

Stattdessen hat Hermann Eberius, der zum Öffentlichkeitsausschuss des Kirchengemeinderats gehört, Griebs Unterlagen in Empfang genommen. Er möchte sich allerdings noch nicht dazu äußern, weil die Mitglieder des Kirchengemeinderats noch nicht über die Sammlung beraten haben und deren Zustimmung aussteht.

„Es hat mich immer mehr gepackt“

Den Grundstein für die Sammlung hat Grieb 1978 gelegt. „Der frühere Bezirksvorsteher Walter Mezger hat mich gefragt, ob ich das Bildarchiv im Rathaus durchschauen kann, um ein Buch von Mezger zu bebildern.“ Grieb sagte zu. Er sortierte die historischen Aufnahmen, beschriftete sie und zeigte sie später in Vorträgen über den Stadtbezirk.

Dass er sich für die Geschichte von Vaihingen interessiert, sprach sich herum. Ein früherer Pfarrer aus Vaihingen kam auf ihn zu und erzählte, dass die Gemeinde alte Kirchenbücher habe. Das älteste stammt aus dem Jahr 1576. Die interessierten Grieb und er stieg tief in die Materie ein. Er las die Bücher und schrieb alle mit der Schreibmaschine ab. In Buchform füllen sie mehr als 1700 Seiten. Erwin Grieb hat die Arbeit jahrzehntelang Spaß gemacht. „Es hat mich immer mehr gepackt“, sagt er.

Auch von Hexenprozessen ist die Rede

Die Bücher bilden viele Facetten des früheren Lebens ab; dazu zählen nach den Worten von Grieb auch „böse Geschichten“. Er nennt Beispiele: „Während des Dreißigjährigen Krieges sind in einem Jahr 360 Menschen aus Vaihingen gestorben.“ Auch von Hexenprozessen ist die Rede. „Zwischen 1662 und 1665 sind zwölf Männer und acht Frauen aus Vaihingen bei lebendigem Leib in Esslingen verbrannt worden.“ All das könne man in den Büchern nachlesen und erfahre mitunter auch etwas über die Pfarrer. „Einer hat mit zittriger Hand ins Buch geschrieben. Kurz darauf ist er gestorben.“

Grieb kennt sich in der Vaihinger Geschichte so gut aus, dass Vertreter des Denkmalamtes ihn angerufen haben. „Sie wollten die Baupläne der Stadtkirche sehen.“ Auch wenn er die meisten Ordner übergeben hat, hat er einige behalten. „Ich habe noch Fotos von Straßen, die ich noch beschreiben möchte.“ Grieb hat früher sämtliche Straßen Vaihingens fotografiert. „Es weiß ja niemand mehr, wie es damals ausgesehen hat.“ Was auf den Fotos zu sehen ist, schreibt er auf. Außerdem hat er die Geschichten den Hobby-Historikern Walter Bartelmess und Gerhard Widmaier erzählt. In einem der Ordner sind Bilder von Griebs Geburtshaus am Kelterberg 2 abgeheftet. Früher zeigte Grieb es Schulklassen. Eines seiner Lieblingsbilder hat Grieb noch. Es zeigt die mit Schnee bedeckte Skulpturengruppe „Vaihinger Steinbrecher“ beim Rathaus. Sie hat etwas mit der Familiengeschichte Griebs zu tun. „Mein Opa war Steinbrecher.“ Demnächst werden auch diese Ordner den Besitzer wechseln.

Grieb wünscht sich, dass die Vaihinger etwas von dem Material haben. „Ich wünsche mir, dass es einmal eine Ausstellung gibt, zum Beispiel über alte Landkarten.“