Nach der Hochwasserkatastrophe in Slowenien versucht der angeschlagene Alpenstaat mit tausenden freiwilligen Helfern und ausländischer Hilfe wieder auf die Beine zu kommen. Die Höhe der Schäden ist jedoch noch nicht absehbar. Die Opposition nutzt die Krise derweil für sich.

Korrespondenten: Thomas Roser (tro)

Ein kleines Land zeigt sein großes Herz. Über 30 000 freiwillige Helferinnen und Helfer hatten sich in Slowenien zu Wochenbeginn am arbeitsfreien „Tag der Solidarität“ gemeldet, um in den Hochwassergebieten beim Reinigen verschlammter Keller, Straßen und Häuser oder der Beseitigung von Schutt und Unrat zu helfen. Nicht nur Geld wurde bei unzähligen Spendenaktionen gesammelt: Selbst Heuballen für in Existenznöte geratenen Viehbauern in den Notstandsgebieten wurden gespendet.

 

„Die Slowenen sind eine ganz besondere Nation, die immer zusammenhält“, erklärt der linksliberale Premier Robert Golob angesichts der Welle der Hilfsbereitschaft.

Das Land wird noch lange mit Hilfsprogrammen und Wiederaufbau zu tun haben

Ob eingestürzte Brücken, unterspülte Überlandstraßen oder überschwemmte Häuser: Die Fluten rissen alles mit. Bis zu 14 000 Gebäuden sind ersten Schätzungen zufolge bei der größten Naturkatastrophe in der Geschichte des seit 1991 unabhängigen Landes nachhaltig beschädigt worden. Als Erstes müsse man sich um die rund 1000 Menschen kümmern, „die alles verloren haben“, so Golob: „Wir werden niemand vergessen.“ Hatte der Regierungschef zunächst von Schäden in Höhe von einer halben Milliarde Euro gesprochen, werden diese mittlerweile auf mehrere Milliarden Euro geschätzt. Doch noch ist die Höhe der Schäden kaum auszumachen: Erst wenn die betroffenen Kommunen und Landkreise ihre Schadensbilanz aufgemacht haben, ist der gesamte Umfang zu taxieren. Die EU hat bereits Wiederaufbauhilfen in Höhe von 400 Millionen Euro zugesagt. Mit der Verabschiedung eines Nachtragshaushalts in der vergangenen Woche will die grünlinke Koalition in Ljubljana ein Soforthilfeprogramm in Höhe von 520 Millionen Euro finanzieren. Allein in diesem Jahr dürfte das Haushaltsdefizit dadurch von 4,5 auf 4,9 Prozent steigen: Millionenschwere Hilfsprogramme und der Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur dürften auch 2024 das Budget noch kräftig belasten.

Der Großteil von Slowenien sei „sicher und offen für Touristen“, versichert knapp zwei Wochen nach der Hochwasserkatastrophe die offizielle Tourismus-Internetseite. Zwar sind alle Autobahnen wieder befahrbar und drängeln sich an den Promenaden der Piraner Bucht, an den Ufern des Bleder Sees oder auf den Kneipenterrassen von Ljubljana wie gewohnt die Touristen. Doch in den von den Überschwemmungen und Erdrutschen besonders hart getroffenen Alpentälern und Regionen herrscht noch immer Ausnahmezustand.

Nach dem Hochwasser schwappt eine Welle der Solidarität über Slowenien

Unablässig mühen sich auch ausländische Hilfsteams und Armeeeinheiten um den Bau von Behelfsbrücken und die Säuberung der Flussbette: Schwere Räumungsfahrzeuge, Helikopter und Rettungskräfte haben Österreich, Italien, Kroatien und Ungarn sowie auch die ex-jugoslawischen Bruderstaaten, die EU-Partner und selbst die kriegsgeplagte Ukraine entsandt.

Zwar hat letzte Woche selbst die rechtspopulistische Oppositionspartei SDS von Ex-Premier Janez Jansa die von der Regierung vorgeschlagene Eilnovelle des Gesetzes zur Bewältigung von Naturkatastrophen demonstrativ mitgetragen. Doch im Bild von der einig gegen die Katastrophe kämpfenden Nation tun sich Risse auf: Der seit Tagen im verschlammten Shirt und mit Schaufel in den sozialen Medien posierende Janez Jansa versichert zwar, dass man in der Not „unabhängig von allen Differenzen“ zusammenstehen müsse. Kritiker werfen ihm vor, mit seinen von den SDS-nahen Medien zelebrierten Entschlammungseinsätzen eine kaum verdeckte Schlammschlacht gegen die Regierung zu führen. Es sei „pervers“, dass ausgerechnet Jansa, der jahrelang den Klimawandel als linksliberale Verschwörungstheorie abgetan habe, die Überschwemmungen nun politisch zu missbrauchen versuche, erinnert die Zeitung „Vecer“ an die Schließung des nationalen Klimaschutz-Büro und die versuchte Aufweichung der Umweltschutzgesetze während dessen letzter Regierung.