Ein Traum in Weiß, ein paar Tränen und eine Einjährige, die ganz groß auftrumpft: Mit der Hochzeit von Prinzessin Madeleine gelingt Schwedens Monarchie ein perfekt inszeniertes PR-Event.

Stockholm - „I will“, sagte er. „Ja“, hauchte sie, und dann waren Schwedens Prinzessin Madeleine und der britisch-amerikanische Millionär Chris O’Neill ein Ehepaar. Die Diademe funkelten, die Roben rauschten, das Wetter spielte mit und tauchte Stockholm in die schönste Sommersonne: mit der Hochzeit der jüngsten Königstochter am Samstag in der Schlosskirche hat die zuletzt von negativen Schlagzeilen geplagte schwedische Monarchie einen dringend benötigten PR-Gewinn eingefahren.

 

Es war 16.47 Uhr, als der Bräutigam unter dem Jubel der Schaulustigen Madeleine auf der Schlosstreppe den ersten ehelichen Kuss auf die Lippen drückte. Und dann noch einen und noch einen. Zuletzt ballte er die Faust zu einer erleichterten Siegesgeste. Eine knappe Stunde davor hatte er noch wesentlich bedrückter aus seinem Frack geguckt. Da kamen ihm Tränen der Rührung, als er sah, wie die Prinzessin in einem Traum aus Weiß am Arm ihres Vaters den Kirchgang entlangschwebte.

Der Bräutigam will keinen Herzogtitel

Das mit einer vier Meter langen Schleppe versehene, spitzenbesetzte Kleid hatte der italienische Stardesigner Valentino entworfen. Die Zeremonie fand zu Ehren der Familie des Bräutigams vornehmlich auf Englisch statt. Schwedisch hingegen waren die Blumen und die Volksmusikanten, die zum Auszug der Gäste fiedelten. Chris O’Neill verzichtet auf den ihm angetragenen Herzogtitel, geht weiter seinen Finanzgeschäften nach, bleibt britisch-amerikanischer Doppelstaatsbürger und auch Katholik, was er demonstrierte, als er sich zu Segen und Vaterunser bekreuzigte, was in der Tradition von Schwedens lutherischer Kirche nicht vorgesehen ist. Doch die Pflicht, dieser Kirche anzugehören, gilt nur für den Regenten und dessen Gemahl(in), und Madeleine ist in der Thronfolge nur die Nummer vier.

Auch das Aufgebot an europäischem Hochadel war daher wesentlich begrenzter als vor drei Jahren bei der Hochzeit von Kronprinzessin Victoria. Die Kronprinzen Frederik und Haakon aus Dänemark und Norwegen samt Gattinnen Mary und Mette-Marit sowie Monacos Fürstin Charlène, die ohne ihren Mann Albert kam, gehörten diesmal zu den Höchstrangigen. In der Kirche aber stahl ihnen allen die Nummer zwei der schwedischen Erbfolge die Show: Victorias 15 Monate alte Tochter Estelle, als Einzige neben der Braut ganz in Weiß, für die man eigens ein kleines, samtbezogenes Goldstühlchen aufgereiht hatte. Die Kleine zog es freilich vor, auf Mamas Schoß zu sitzen und am Textbuch zu knabbern, war quietschvergnügt und protestierte nur, als die Kronprinzessin an den Altar musste, um ein Gebet zu sprechen. Erst als Vater Daniel sie zur Mutter vortrug, war das Prinzesschen wieder zufrieden.

Weniger Schaulustige als bei Victorias Hochzeit

Nach der Trauung säumten Zehntausende die Fahrt der Neuvermählten in der offenen Kutsche, doch auch der Andrang der Schaulustigen war nicht mit Victorias Hochzeit zu vergleichen, als eine halbe Million am Straßenrand stand. Das Hochzeitsdinner wurde auf Schloss Drottningholm, dem Wohnort der Königsfamilie, gefeiert. Als sich dort alle zum Gruppenfoto aufstellten, regnete es leicht, was für ein Hochzeitspaar ja Glück bedeuten soll. Das können die beiden brauchen: Madeleine steht jetzt schon in der Kritik, weil sie ihren Lebensmittelpunkt in die USA verlegte und ihre Repräsentationspflichten hintanstellte. Und ihr Gemahl, der sein Geld mit Aktienoptionen macht und seinen Hedgefonds auf den Kaimaninseln registrierte, wird sich bald Fragen stellen müssen, wie dieses Geschäftsgebaren mit der schwedischen Steuermoral in Einklang zu bringen ist.

Davon war in der Nacht auf Sonntag noch keine Rede, als die Hochzeitsgesellschaft das junge Paar bei einem Menü aus schwedischen Spezialitäten und einer meterhohen Torte feierte. Bei Victoria waren die TV-Kameras auch da noch dabei gewesen, diesmal blieben die Medien ausgesperrt. Das war ein Kompromiss: Madeleine hätte am liebsten ganz privat geheiratet, doch König Carl Gustaf weiß, was schöne Bilder für das Image der Monarchie bedeuten, und gab sein Plazet für die Übertragung der kirchlichen Feier. Ganz geheim bleibt heutzutage ohnedies nichts: dank eifrigem Twittern von Gästen wussten die Medien auch so, dass Chris mit einer sehr persönlichen Rede alle Zuhörer „zu Tränen rührte“, ehe das Paar mit unbekanntem Ziel in die Flitterwochen entfleuchte.

Fortsetzung folgt? Die Schweden warten nun auf die Hochzeit von Prinz Carl Philip, dessen Geliebte Sofia Hellqvist diesmal noch auf den hinteren Kirchenbänken sitzen musste, während der Prinz seine Mutter auf die Ehrenplätze führte. Trotz einem Vorleben als Unterwäschemodel und Realityshow-Star soll Sofia inzwischen die Akzeptanz des Königspaares gefunden haben. Ist dann auch das mittlere der Königskinder unter der Haube, ist erstmals Ruhe mit den Hochzeitsglocken, bis dann Prinzessin Estelle an die Reihe kommt – in 30 Jahren oder so.