Teilnehmende Berichterstattung – so nennt sich das wohl, wenn man beim Böblinger Rosenmontagsumzug gut sechs Meter über dem Boden an einer Baumkrone festhängt und nicht weiß, ob man hier jemals wieder runterkommt. „Ich weiß ja nicht“, denke ich mir gerade, „aber vielleicht hätte ich die Einladung ja doch nicht annehmen sollen.“ Bela Stahl, der Vorsitzende von Grün-Weiß-Böblingen hatte mir nämlich angeboten, den Rosenmontagsumzug mal aus seiner Perspektive zu erleben.
So kommt es, dass ich jetzt gemeinsam mit ihm, dem als Chefkoch verkleideten Böblinger Oberbürgermeister Stefan Belz, seinem Lebenspartner Manuel Zimmerer und einigen weiteren Grün-Weiß-Mitgliedern die Spitze des diesjährigen Rosenmontagsumzugs anführen darf.
Närrischer Kommandostand auf Rädern
Der Ausblick von diesem närrischen Kommandostand auf Rädern ist wirklich beeindruckend. Das Ganze hat etwas von der Fahrt auf einem Piratenschiff – mit Käpt’n Bela an der Nebelmaschine und dem OB als seinem Ersten Offizier an der Konfettikanone. Ich selbst habe mich mit ein paar Popcorntüten bewaffnet, winke und rufe abwechselnd „Narri! Narro!“ und „Grün! Weiß!“ in die fröhlich lächelnde Menschenmenge unter mir. Einmal darf ich sogar eine grüne Rauchgranate in den Händen halten – was ich allerdings schon kurz darauf ziemlich bereue. Hustend schaue ich dabei zu, wie um mich herum alles grün wird – vermutlich inklusive meiner Gesichtsfarbe.
Zehn Minuten hängt die Bühne in der Luft
Die ersten Meter kommen wir gut voran – zumindest bis Bela Stahl an der Albabrücke ankommt und die Hebebühne auf Baumwipfelhöhe hochfahren lässt. Offenbar nimmt die Technik ihm das übel, denn jetzt lässt sich die Plattform nicht mehr herunterfahren. „Leute, bleibt alle mal ganz ruhig stehen!“, ruft der Grün-Weiß-Chef in seinem goldenen Glitzermantel. „Die Hebebühne steht nicht im Wasser“, meint ein Mitarbeiter der Firma, die das Fahrzeug gesponsert hat und der zur Begleitung mitgekommen ist. Außerdem reagiert sie wohl eher empfindlich darauf, wenn zu viele Menschen auf der Plattform hin- und herwuseln. „Nur gut“, denke ich, „dass Bela Stahl von seiner ursprünglichen Idee abgekommen ist, die Tanzgarde hier hoch mitzunehmen.“
Fast zehn Minuten hängen wir oben fest, versuchen es mit Gewichtsverlagerung, spielen an den Schalthebeln herum und hören uns nebenbei die Frotzeleien von Seegärtle-Wirt Uwe Hutfilz an, der von seiner Gaststätte aus Fortlauf beziehungsweise Stillstand des Umzugs moderiert. „Das ist alles so geplant, damit es sich hinten ein bisschen staut“, erklärt Bela Stahl augenzwinkernd.
Die Glücklichen haben alles noch vor sich
Irgendwann gibt es einen sanften Ruck und die Plattform fährt langsam nach unten. Die Fahrt kann weiter gehen. Ich genieße jede Minute davon. Nach einer Stunde sind wir zurück am Elbenplatz – und schauen in lauter fröhliche Gesichter, während hinten bei der Seetreppe die letzten Gruppen noch auf den Start warten. Sie haben den kompletten Umzug noch vor sich – die Glücklichen.