In Hannover wächst die Anspannung vor dem Aufmarsch von Tausenden Islamgegnern und Hooligans. Auch Polizisten aus Baden-Württemberg sollen Krawall am Samstag verhindern.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Hannover - Vor der an diesem Samstag geplanten Hooligan-Kundgebung herrscht in Hannover große Anspannung. Die Bilder vom 26. Oktober, als sich 4800 Rechte unter dem Motto „HoGeSa“ (Hooligans gegen Salafisten) am Kölner Dom mit 1300 überraschten Polizisten eine Schlacht lieferten, sind noch in frischer Erinnerung. Nun werden in Hannover rund um den Kundgebungsort, den alten Omnibusbahnhof, Fensterscheiben von Geschäften und Hotels mit Holzplatten verrammelt. Als Zeichen gegen Rassismus hat der Oberbürgermeister 60 Fahnen mit der Aufschrift „Hannover steht auf gegen rechts“ im Zentrum aufhängen lassen. Zudem sind 18 Gegendemonstrationen angekündigt.

 

Die Hoffnung der Stadt, das Verwaltungsgericht Hannover würde die Hooligans nach dem Aufzugsverbot durch die Polizei endgültig stoppen, ist am Donnerstag enttäuscht worden. Denn das Gericht sah in der Versammlung unter dem Motto „Europa gegen den Terror des Islamismus“ keine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Diese wäre nur gegeben, wenn ein Demonstrationszug durch die Stadt geführt würde, der untersagt wurde. Ein vollständiges Verbot wurde als unverhältnismäßig angesehen – zumal höchstens 800 der 5000 erwarteten Demoteilnehmer dem Kreis der Hooligans zuzurechnen seien. Erlaubt wurde daher eine stationäre Versammlung. Zu den 16 teils strengen Auflagen gehört etwa das Verbot, Embleme oder Tätowierungen mit Totenköpfen sichtbar zu tragen, wie das Gericht am Freitag nach einer weiteren Klage bekräftigte.

Baden-Württembergs Polizei liefert Schützenhilfe

In großen Zelten will die Polizei die Teilnehmer zuvor durchsuchen. Auch hat sie schon einige der vom Veranstalter benannten Ordner abgelehnt. Wie viele Sicherheitskräfte sie aufbietet, lässt die Polizei noch offen. Klar ist, dass der Südwesten beteiligt wird: „Selbstverständlich sind wir der Bitte Niedersachsens um Unterstützung nachgekommen“, sagte Landesinnenminister Reinhold Gall (SPD) der StZ. „Die baden-württembergische Polizei wird mit mehreren szenekundigen Beamten und Beamten des ,Polizeipräsidiums Einsatz’ in Hannover sein.“ Erfahrene Kräfte waren in Köln noch vermisst worden. Die Hooligan-Szene hat man nicht erst seither im Visier: „Das Landespolizeipräsidium hat schon vor den Ausschreitungen in Köln auf die HoGeSa-Gruppierung reagiert“, so Gall.

Jüngst hatte der Minister 18 Verantwortliche aus dem Bereich Staatsschutz und Kenner der Szene zusammen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz zu sich gebeten. „Natürlich muss auch in Baden-Württemberg mit solchen Anmeldungen von Demonstrationen gerechnet werden“, erklärte Gall. „Allerdings liegen derzeit keine Erkenntnisse über konkrete Planungen vor.“ Die Sicherheitsbehörden seien sensibilisiert und würden, falls erforderlich, „zielgerichtete Maßnahmen“ einleiten. „Sie nutzen ihre Möglichkeiten im präventiven Bereich und schreiten bei Straftaten konsequent ein.“

Hooligan-Szene schwer in den Griff zu bekommen

Wie viele sogenannte „Hools“ aus dem Südwesten nach Hannover fahren, lässt sich nicht vorhersagen – auch weil die Bezeichnung Hooligan nicht klar definiert und die Szene schwer zu quantifizieren ist. Grob geschätzt geht die Polizei von 500 Hooligans im Land aus. Als Schwerpunkte gelten Mannheim, wo ein NPD-Stadtrat und Waldhof-Fan schon Aktionen gegen Salafisten mitorganisiert hat, zudem Pforzheim, Karlsruhe, Stuttgart, Reutlingen und Ulm. Der klassische Hooligan ist weder an Fußball noch an Politik besonders interessiert – ihn locken Möglichkeiten zur Randale an. Doch gibt es Überschneidungen mit der rechtsextremistischen Szene.

Reisen nach Hannover zu unterbinden, wäre lediglich in einem eng begrenzten rechtlichen Rahmen möglich. Es ginge nur mit Beweisen, dass die Hooligans in jedem Fall auf Krawall aus sind – diese Belege gibt es nicht. Der Innenminister hält die Polizei aber nicht für machtlos: „Bevor über ein strengeres Demonstrationsrecht diskutiert wird, sollten die gegebenen Möglichkeiten ausgeschöpft werden“, sagte Gall.