Die Hospitalkirche in Stuttgart wird von Anfang Oktober an geschlossen sein. Dann rücken die Bauarbeiter an, die mehr vorhaben als nur eine Renovierung. Am Ende soll das Gotteshaus heller und freundlicher sein.

Stuttgart - Wer noch einmal einen Blick in die alte Hospitalkirche werfen möchte, muss sich sputen. Der letzte Gottesdienst vor der Renovierung wird während der Hospitalhof Open am 3. Oktober gefeiert. Schon zwei Tage später wird damit begonnen, die Kirche auszuräumen. „Wir werden eine hellere und freundlicherer Hospitalkirche bekommen“, verspricht der Pfarrer Eberhard Schwarz.

 

Wenn die Gottesdienstbesucher die Kirche verlassen haben und die Handwerker einziehen, geht es erst einmal darum, Gerüste aufzubauen und die Kunstwerke zu sichern. Ein Teil der Kunst wird verpackt, gereinigt und in einem kirchlichen Depot eingelagert. Abgehängt wird beispielsweise das dreiflügelige Altarbild von Rudolf Schäfer aus den 1920er Jahren, das an die im Ersten Weltkrieg Gefallenen der Hospitalgemeinde erinnert. Andere Kunstwerke wie die Kreuzigungsgruppe des Bildhauers Hans Seyffer aus dem Jahr 1501 bleiben während der Bauarbeiten in dem Gotteshaus, müssen deshalb allerdings geschützt werden. Um die Gruppe herum wird ein Holzkasten aufgebaut, der innen dick wattiert wird, um die spätgotische Plastik vor Erschütterungen zu schützen. Mit einem Holzkasten umbaut wird auch der größte Teil der Orgel. Herausgenommen werden lediglich einige große Pfeifen, die Schaden nehmen könnten. „Bei den Abrissarbeiten für den neuen Hospitalhof haben zwei Orgelpfeifen Dellen abbekommen und mussten ersetzt werden. Diesmal sind wir vorsichtiger geworden“, sagt Schwarz.

Die Kosten belaufen sich auf 2,7 Millionen Euro

Anderthalb Jahre sind für die Renovierung der Hospitalkirche veranschlagt, Ende 2016, spätestens im Frühjahr 2017 soll sie wiedereröffnet werden. Die Umbaukosten belaufen sich auf 2,7 Millionen Euro, von denen die Gemeinde 600 000 Euro an Spenden aufbringen muss. 140 000 Euro sind bisher zusammengekommen, in den nächsten Wochen sollen Benefizveranstaltungen, Baustellenführungen und Vorträge zur Geschichte der Kirche weitere Spenden bringen. „Wir wollen während der Bauarbeiten immer wieder Führungen durch die Kirche anbieten, gekoppelt mit Vorträgen im Hospitalhof“, kündigt Pfarrer Schwarz an.

Nach dem 3. Oktober aber ist die Kirche erst einmal den Handwerkern vorbehalten. Nachdem sich die Gemeinde im vergangenen Winter mit einer Baustellenheizung mehr schlecht als recht über die kalten Monate gerettet hat, ist ein zentraler Punkt der Einbau einer neuen Fußbodenheizung. Erneuert werden auch die Sanitäranlagen und die Lichttechnik. Die Kirchenbänke sind bereits vor dem Evangelischen Kirchentag herausgenommen worden, seither gibt es eine provisorische Bestuhlung. Auch in der renovierten Kirche wird es Stühle anstelle von Kirchenbänken geben. Die Zahl der Sitzplätze wird von 500 auf 300 reduziert, um mehr Freiraum zu bekommen. „Wir brauchen eine größere räumliche Flexibilität“, sagt Schwarz. Er will in der renovierten Kirche die Gottesdienste flexibler gestalten, will sich beispielsweise zum Abendmahl mit Schülern auch mal um den Altar versammeln können und zugleich die Möglichkeit haben, zu kammermusikalischen Konzerten einzuladen.

Der Eingang wird komplett neu gestaltet

Zu den tief greifenden Veränderungen zählen der Abriss der Westempore und die komplette Neugestaltung des Eingangsbereiches. Die Besucher sollen künftig nicht mehr durch einen engen Nebenraum in die Hospitalkirche gelangen, sondern über das Kirchenschiff. Drei Glastüren und ein transparenter Windfang sollen als Eingang dienen und zugleich den Blick auf den Innenhof freigeben. An der westlichen Fassade werden zudem die Fenster vergrößert. „Die Kirche wird heller und verliert ihre drückende Atmosphäre. Man soll schließlich gerne reingehen und sich nicht gleich wie bei einer Beerdigungsfeier fühlen“, erklärt der Architekt Arno Lederer vom Büro Lederer, Ragnarsdòttir, Oei, das den Hospitalhof neu gebaut hat und auch mit dem Umbau der Kirche beauftragt ist.

Gelichtet werden soll auch der dicht gedrängte Chorbereich, Altar und Taufstein sollen einen neuen Platz bekommen. Als Zugeständnis an die Denkmalpflege bleibt die Seitenempore erhalten, die wie die gesamte Kirche an den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg und den damaligen Architekten Rudolf Lempp erinnert. Der jetzige Architekt Arno Lederer fasst die Arbeiten kurz und knapp zusammen. „Es wird ein sanfter Eingriff, kein großer Umbau.“ Pfarrer Schwarz hofft am Ende nicht nur in einer helleren Kirche predigen zu können, sondern einen „genauso guten Klangraum zu haben wie jetzt“.