Zwei Amerikaner nennen Sie auf Ihrem neuen Album trotzdem explizit mit Namen, was Sie sonst nie tun: Eddie und Chelsea für Edward Snowden und Chelsea Manning. Warum wird gerade den beiden Whistleblowern diese seltene Ehre zuteil?
Ich habe mich für diese Platte voll auf Amerika eingelassen, und die beiden gehören mit zu diesem Land, nicht nur der Wahnsinn, die unglaubliche Armut, der ich dort begegnet bin, und die kaputten religiösen Rituale wie Messen mit Giftschlangen: Wenn jemand gebissen wird, dann war er voller Sünde. Dann darf der Arzt nicht kommen, weil entweder Gott ihn rettet, oder der Teufel ihn holt. Aber Edward Snowden und Chelsea Manning zeigen, dass es auch dort Leute gibt, die all das Scheiße finden und sagen, ihr macht was falsch.
Sie haben den beiden ein musikalisches Heldendenkmal geschaffen. Gleichzeitig gibt es seit ein paar Wochen ein filmisches Heldendenkmal für Sie, den Dokumentarfilm „Brenna tuat’s scho lang“. Wie geht es Ihnen damit?
Es geht mir schlecht damit. Hage Hein, mein Manager, hatte diese Idee vor vier Jahren, und ich habe gesagt: „Ich finde das nicht gut, ich mag das eigentlich nicht, aber ich kann dich auch nicht davon abhalten, wenn du das unbedingt machen möchtest. Nur – ich möchte nichts damit zu tun haben.“ Ich habe nicht daran mitgearbeitet. Nachdem ich den Film dreimal gesehen habe, wusste ich, dass es ein Fehler war, dass ich nicht noch vehementer dagegen war, ihn zu machen. Ich habe ihn zugelassen, weil ich eitel bin, und jetzt bezahle ich dafür, weil mich die Rückschau belastet. Da brechen alte Wunden auf. Der Film zwingt mich, mich über Gebühr mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Es ist, als wenn du dasselbe Schnitzel zwanzigmal essen musst.
Behindert zu viel Vergangenheit die Zukunftsplanung?
Nein, aber die Gegenwart. Nur ein Beispiel: es hat irrsinnig viel Kraft gekostet, damals bei den Alpinkatzen die Reißleine zu ziehen – und dann sieben Jahre nicht auf die Bühne zu gehen. Wenn ich mir das jetzt im Film anschaue, kommt diese ganze Zeit zurück, mit den Zweifeln und den Entscheidungen. Der Schweiß und die Tränen von früher kommen wieder hoch. Aber ich möchte den aktuellen Schweiß riechen und die Tränen in der Gegenwart weinen.
Auf Ihrem neuen Album befinden sich auch ein paar bearbeitete Traditionals und Coverversionen. Sind das Statements gegen die Eitelkeit?
Mir ging es vor allem darum zu zeigen, wie verwandt wir eigentlich sind. Wenn du „Amazing Grace“ unbedarft hörst, würdest du schwören, dass das ein österreichisches Volkslied ist.