Das Sommerfestival der Kulturen hat mit Hugh Masekela einen Weltmusikstar eingeladen. Im Interview huldigt er der Sängerin Miriam Makeba.  

Stuttgart - Am Dienstag beginnt auf dem Stuttgarter Marktplatz das sechstägige Festival der Kulturen. Und am Mittwoch mit dabei: der Trompeter, Sänger und Songwriter Hugh Masekela (72), der als einer der Pioniere der Weltmusik gilt. Am Mittwoch lädt der Südafrikaner gemeinsam mit Lira, Vusi Mahlasela und Thandiswa zur Show "Tribute to Miriam Makeba".

 

Mister Masekela, Afrika liegt wirtschaftlich am Boden. Was bedeutet das für die afrikanische Musikszene?

In Afrika gibt es keine Infrastruktur für Musik, deshalb kann sie nicht wachsen. Die meisten afrikanischen Musiker leben in Europa oder Amerika. Wenn ein Kontinent wirtschaftlich dermaßen darniederliegt wie Afrika, gibt es keine Möglichkeit, wie er kulturell progressiv sein könnte. Es gibt in Afrika einfach kein Geld dafür - und kein Publikum, das sich Konzerte leisten könnte. Afrika wurde von Europa und Amerika ausgeplündert, und auch heute noch geht der Großteil unserer Rohstoffe nach Europa, Amerika und Asien. Es sind nicht Afrikaner, die Afrika besitzen.

Welche Rolle spielt das Musikgeschäft?

Die Tonträgerindustrie hat aufgehört, Kunst zu verkaufen. Sie verkauft nur noch Einheiten. Dazu kommt: alles, was du heutzutage brauchst, um eine Platte zu machen, sind Maschinen. Die Technologie, die sich in Afrika kaum jemand leisten kann, hat die Musik umgebracht.

Sie haben jahrzehntelang gegen die Apartheid in Südafrika gekämpft. Sind Sie zufrieden damit, wie sich Ihr Heimatland seither entwickelt hat?

Na ja, zunächst einmal habe ich nicht wirklich gegen die Apartheid gekämpft. Ich kam einfach aus einer unterdrückten Gesellschaft, ich war ein südafrikanischer Musiker im Exil: Also war es ganz natürlich, dass ich gegen die Apartheid Stellung bezogen habe. Aber die wahren Helden der südafrikanischen Freiheit sind diejenigen, die mit ihrem Leben dafür bezahlt haben. Diejenigen, die es im Angesicht der Waffengewalt des Regimes möglich gemacht haben, dass Nelson Mandela und andere aus dem Gefängnis gekommen sind. Über diese Menschen spricht heute niemand mehr.

Und sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?

Wissen Sie, wir sind als ein freies Land ja erst 17 Jahre alt. Ich habe keine Wunder erwartet, und es ist einfach befreiend, nicht mehr unterdrückt zu sein. Aber ich beteilige mich nicht mehr an Politik, weil ich sie nicht mehr verstehe. Denken Sie daran, auf welche Weise in der französischen Revolution die Guillotine eingesetzt wurde. Seit je kämpfen Menschen für Freiheit. Aber sobald die Freiheit erlangt ist, vergessen die meisten Kämpfer den Grund ihres Kampfes, und aus den Gewinnern wird eine neue Elite. Dazu kommt in Südafrika: unsere Wirtschaft gehört immer noch denjenigen, die während der Apartheid privilegiert waren. Und niemals in der Menschheitsgeschichte haben die Privilegierten gesagt: "Entschuldigt, dass wir euch so lange unterdrückt haben und damit so reich geworden sind. Hier sind 500 Trillionen Euro Entschädigung, um euch zu zeigen, wie leid uns unser Fehler tut!" Das ist nie passiert, und es wird auch jetzt nicht geschehen.

Sie kommen mit einem Miriam-Makeba-Tribute-Programm nach Stuttgart. Was bedeutet Ihnen die große Sängerin, die vor drei Jahren gestorben ist?

Sie hat Südafrika der Welt vorgestellt, und sie war die erste, die über die Unterdrückung gesprochen hat. Niemand hat härter für Afrika gearbeitet, als Miriam Makeba. Sie ist die afrikanische Schutzpatronin, und sie ist zugleich die größte Sängerin, die ich je gehört habe.

Sie waren in den sechziger Jahren gerade mal zwei Jahre lang mit ihr verheiratet...

...aber wir kannten uns, seit ich ein Teenager war. Alles in allem waren wir mehr als zwölf Jahre zusammen, und auch nach der Scheidung sind wir Freunde geblieben und haben viel zusammengearbeitet.

Höhepunkt des Weltmusik-Festivals

Geschichte: Das Sommerfestival begann 2001 klein im Innenhof der Ifa-Galerie. Mittlerweile kommen bis zu 70.000 Zuschauer zu den Gratis-Weltmusik-Konzerten und Essensständen auf dem Marktplatz. 2006 fiel Stuttgarts interkultureller Jahreshöhepunkt wegen der Fußball-WM aus; in diesem Jahr feiert das Forum der Kulturen die zehnte Ausgabe.

Programm: Los geht's am Dienstag mit Zélia Fonseca und dem Konzert von Yemen Blues. Der Miriam-Makeba-Abend mit Hugh Masekela kann am Mittwoch zum Festivalhöhepunkt werden. Außerdem kommen bis zum Sonntag unter anderen Transglobal Underground, das Boban i Marko Markovic Orkestar sowie Los de Abajo.

Weitere Infos unter www.forum-der-kulturen.de