Sport: Carlos Ubina (cu)

Huub Stevens’ nahe Zukunft ist also geklärt. Er wird sich mit seiner Frau Toos im privaten Dreieck zwischen Eindhoven, Mallorca und Berlin bewegen, wo die Enkelkinder leben. Mit ihnen will er viel Zeit verbringen und einiges nachholen, was er bei den eigenen zwei Kindern Laura und Maikel versäumt hat. In den Sommerferien kommen die Enkel nach Mallorca. Am Pool wird es dann nicht mehr so ruhig zugehen wie jetzt. Und abends wird Opa Huub den Grill anwerfen. Doch so ganz ohne Fußball wird es auch nicht ablaufen – und über den VfB macht sich der Niederländer viele Gedanken. Das hat er schon vor einem Jahr getan, als er seine erste Rettungsmission in Stuttgart erfolgreich beendet hatte.

 
Waren Sie überrascht, in welchem Zustand Sie die Mannschaft im vergangenen November wieder übernommen haben?
Teilweise schon. Nehmen Sie nur das Beispiel Carlos Gruezo. Er hatte für Ecuador bei der WM teilgenommen und hätte eigentlich viel stärker zurückkommen müssen. Wir können aber auch über Timo Werner reden. Im ersten Jahr Abstiegskampf hätte er so viel lernen müssen, damit er in seiner zweiten Profisaison viel mehr spielt. Doch es ist anders gelaufen. Nun hoffe ich, dass die beiden Jungen wieder gelernt haben und Fortschritte machen.
Wie würden Sie diesen VfB beschreiben, den Sie jetzt zweimal übernommen haben?
Beim ersten Mal hatte die Truppe nicht die fußballerische Qualität wie beim zweiten Mal – aber sie hat schneller verstanden, auf was es im Abstiegskampf ankommt.
Aber die meisten Spieler waren die gleichen?
Ja, aber es waren auch Spieler wie Cacau und Arthur Boka weg, die in der Kabine wichtig waren. Auch Ibrahima Traoré.
Dafür kamen jedoch Spieler für viele Millionen Euro wie Filip Kostic.
Aber wir kennen doch die Geschichte von Filip Kostic. Wie er Zeit gebraucht hat, um sich auf die Bundesliga einzustellen. Wie er sich erst herankämpfen musste. Wie ich ihm anfangs sagen musste: Filip! So reicht es nicht! Da fehlen 30 bis 40 Prozent! Dann haben wir uns an die Arbeit gemacht.
Allerdings spricht es nicht für eine Mannschaft, wenn sie sich wiederholt in so eine prekäre Situation wie der VfB bringt.
Im Team hat es schlicht an Balance gefehlt. Und damit meine ich nicht nur das Gleichgewicht auf dem Platz. Da geht es mir mehr um die Egoismen im Kader. Die Spieler haben viel zu lange an sich selbst gedacht.
Wie schätzen Sie die Mannschaft jetzt ein?
Schauen Sie auf die Achse: Rüdiger und Baumgartl – das ist ein super Abwehrzentrum. Im Mittelfeld mit Serey Dié, Gentner und Didavi sowie im Angriff mit Ginczek – auch das ist stark.
Aber Spieler wie Antonio Rüdiger oder Daniel Didavi könnten den VfB verlassen.
Ich weiß. Deshalb habe ich den Verantwortlichen gesagt, dass der VfB bei solchen Abgängen gleichwertigen Ersatz bräuchte.
Das wird im Fall der Fälle nicht einfach.
Sicher nicht, aber der VfB muss beim Aufspüren von neuen Spielern eben sehr kreativ sein, da die finanziellen Möglichkeiten beschränkt sind. Für Robin ist das eine große Herausforderung.
Wie sehen Sie den Verein für die Zukunft aufgestellt?
Ich wünsche mir für den VfB, dass der große Sponsor künftig mehr tut.
Sie meinen den Sponsor mit dem Stern?
Natürlich. Es kann Mercedes doch nicht wirklich reichen, dass der VfB nur in einem Stadion mit dem Unternehmensnamen spielt und dazu das Firmenlogo auf der Brust trägt. Dass Stuttgart nicht oben mitspielt, kann doch nicht der Anspruch von Daimler und Mercedes sein.
Zumal es in der Liga einen weiteren großen Autohersteller gibt, der das Thema Fußball ganz anders handhabt?
Ja, schauen Sie nach Wolfsburg, wo VW viel Geld investiert und hilft, eine Spitzenmannschaft aufzubauen.
Bedeutet das, dass der VfB in den nächsten Jahren weiter gegen den Abstieg spielt.
Das hoffe ich nicht – und ich denke es auch nicht. Aber ohne weitere finanzielle Unterstützung wird es schwierig, wieder nach oben zu kommen.