Overstreet ist zugleich einer der phänomenalen Künstler, die „I got Rhythm“ zu einer Entdeckungstour durch unbekannte künstlerische Gefilde machen. Denn obwohl der Jazz die originäre Musik der Afroamerikaner ist, hatten schwarze Künstler es auf dem Kunstmarkt schwer – weil der Markt sich nicht weniger rassistisch verhielt als die Gesellschaft, aber auch weil stilistische Anverwandlungen der „weißen“ Abstraktion wie bei Norman Lewis’ Bild einer Jazzband andererseits als Verrat an der schwarzen Sache betrachtet wurden. Hinreißend die Bilder von Romare Bearden oder Ernie Barnes, und selbst Fähnleinführer des Abstrakten Expressionismus wie Franz Kline oder Willem de Kooning sind in diesem Kontext für ganz und gar nicht abstrakte Überraschungen gut: der eine, Kline, mit dem Bild „Hot Jazz“ (1940), der andere, de Kooning, mit einem hauchzarten Bleistiftporträt des Musikproduzenten Max Margulis (1944).

 

Ein eigenes Kapitel widmet die Schau Josephine Baker. Die Männerwelt stand Kopf wegen der Tänzerin, die halb nackt in den Nachtclubs die Beine schmiss und dabei augenkullernd und ironisch jede Männerfantasie und jedes Rassenklischee über dunkelhäutige Frauen zu bestätigen schien. Adolf Loos entwarf ein Haus für sie (mit Innen-Pool, was Besuchern ermöglichen sollte, die Hausherrin durchs Fenster beim Baden zu beobachten), Le Corbusier reiste ihr nach, und Paul Colin fertigte das Mappenwerk „Le Tumulte Noir“ über sie an, das der Verve ihrer Auftritte kaum nachsteht, aber auch nicht frei von rassistischen Untertönen ist. Ganz anders dagegen der Blick, den Marlene Dumas auf Baker wirft: auf ihrem Aquarell bedeckt die Kultfigur der Roaring Twenties ihren Körper scheu mit einem Tuch. Das Bild heißt „Not tonight“.