Die neue Stuttgarter Automarke Borgward startet mit ihrem ersten Modell, einem Geländewagen, auf dem chinesischen Markt. In etwa zwei Jahren sollen die Autos auch in Europa angeboten werden.

Frankfurt - Vor zehn Jahren verkündete der damalige Smart-Chef Ulrich Walker auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA), wie die chronisch kränkelnde Kleinwagen-Marke von Daimler saniert werden soll. In diesem Jahr steht Walker, der vor zwei Jahren in den Ruhestand gegangen ist, wieder in Frankfurt im Rampenlicht. Dieses Mal präsentiert er auf der Neuheitenschau als Chef des Autoherstellers Borgward den Geländewagen BX7, das erste neue Modell mit dem die wiederbelebte Marke ihr Comeback versucht.

 

„Es ist ohne Zweifel eine herausfordernde Aufgabe, aber ich war es ja in den vergangenen Jahrzehnten bei Daimler gewohnt, herausfordernde Aufgaben anzunehmen“, sagt Walker im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung. „Die Wiederbelebung der Marke Borgward hat mich sehr gereizt. Ich habe nach einem Jahr Ruhestand gemerkt, dass ich noch viel Energie habe. Zudem ist es eine einmalige Chance, mit einem weißen Blatt Papier anzufangen und die Zukunft einer Automarke zu gestalten, die einst erfolgreich war, in den sechziger Jahren dann aber aus vielerlei Gründen nicht überlebt hat“, erläutert der gebürtige Tübinger, der auf mehr als drei Jahrzehnte Erfahrung in der Autoindustrie zurückblicken kann, was ihn antreibt.

Die Expansionspläne des Autoherstellers sind ehrgeizig

Walker betont, dass Borgward eine deutsche Marke sei, auch wenn das Geld für den Neustart vor allem vom chinesischen Anteilseigner Foton kommt, einem Nutzfahrzeughersteller, der zum Pekinger BAIC-Konzern gehört. Zudem werden die Geländewagen in Peking produziert und zunächst einmal auch nur in China verkauft. In etwa zwei Jahren sollen sie dann auch in Europa angeboten werden. Heutzutage spiele keine Rolle mehr, aus welchem Kulturkreis ein Investor komme, sagt Walker, der für Daimler auch eine ganze Reihe von Jahren in China war. Foton sei ein stabiler strategischer Investor, der zudem gut in China vernetzt sei, etwa in die Regierung hinein. Zudem kenne Foton den chinesischen Markt sehr gut. „Das hilft uns beim Aufbau der Marke Borgward“, meint Walker. Es gebe jedoch auch Vorgespräche mit anderen möglichen Investoren.

Der Borgward-Chef sieht gute Chancen in China. „Wir haben den Vorteil, dass deutsche Ingenieurskunst und deutsche Qualität in diesen Ländern einen guten Klang haben und deutsche Autos als verlässlich gelten. Das wollen wir uns zunutze machen“, sagt Walker. Die Expansionspläne sind ehrgeizig. Jedes Jahr sollen bis zum Ende des Jahrzehnts zwei neue Modelle hinzukommen. Bis dahin sollen mehr als 500 000 Wagen im Jahr verkauft werden. Den Start mit einem Geländewagen begründet der Schwabe damit, dass dies das einzige Segment sei, das weltweit wachse. In Bremen, der ehemaligen Heimatstadt von Borgward, ist indes schon etwas Enttäuschung darüber zu spüren, dass das Auto deutlich anders aussieht als jene Wagen, für die die Marke einst berühmt war. „Wenig Borgward im neuen Borgward“, titelte die Lokalzeitung „Weser-Kurier“, nachdem vor der Premiere erste Bilder des Siebensitzers veröffentlicht wurden.

Die Borgward-Zentrale eröffnet bald im Herzen Stuttgarts

Ein Bruch mit der Tradition ist auch, dass die Borgward-Firmenzentrale nicht in der Hansestadt, sondern in Stuttgart angesiedelt sein wird. Noch wird etwas improvisiert und die Borgward-Manager haben Unterschlupf im Colorado-Turm in Stuttgart-Vaihingen gefunden, wo eine Foton-Tochter bereits seit Längerem ihre Büros hat. Doch in der nächsten Woche, wenn der Trubel der IAA-Premiere geschafft ist, will Walker seinen neuen Schreibtisch im neuen City Gate in der Nähe des Stuttgarter Hauptbahnhofs installieren. Borgward hat eine komplette Etage in dem repräsentativen Bau im Herzen der Landeshauptstadt gemietet. Hier werden allerdings nur etwa 100 Beschäftigt – vor allem aus dem Management – Platz finden. Die Entwickler und Designer arbeiten in Renningen.

Ob Borgward auf mittlere Sicht die ehemalige IBM-Zentrale in Vaihingen beziehen will, die mehr Platz böte, lässt Walker offen. Viele Fragen seien bei dieser Immobilie ungeklärt, meint Walker, und weist darauf hin, dass die Bausubstanz immer schlechter wird, je länger der Bürokomplex beim Autobahnkreuz Stuttgart leer stehe.

Historie einer legendären Automarke

Geschichte: Carl F. W. Borgward galt als hemdsärmeliger Selfmademan, begnadeter Konstrukteur und innovativer Techniker. Aus einer kleinen Bremer Kühlerfabrik schuf er im Laufe der Jahrzehnte ein Automobilimperium mit den Marken Borgward, Goliath und Lloyd. Die Isabella war nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst ein großer Verkaufserfolg, doch 1961 war das Unternehmen nach etlichen Fehlentscheidungen pleite.

Neustart: Christian Borgward, ein Enkel des Gründers und Karlheinz Knöss, der erst Daimler-Pressesprecher und dann Berater in der Schweiz war, haben die Wiederbelebung der legendären Marke in die Wege geleitet. Auf dem Genfer Autosalon fand in diesem März der erste große Auftritt statt. Dort wurde jedoch noch kein neues Modell gezeigt, sondern eine Isabella aus dem Museum.