Lesefutter für Augen, Ohren und den Gaumen: Die Böblinger Autorin Nessa Altura alias Andrea Vogelgsang hat im Alten Amtsgericht aus ihrem Buch Lobster Tales vorgelesen. Passend dazu gab es Malerei, Musik und Kulinarik.

„Das Auge isst mit“, lautet ein Sprichwort. Im Falle einer kulinarischen Lesung mit der Böblinger Autorin Nessa Altura am Mittwochabend im Alten Amtsgericht waren aber nicht nur Augen und Gaumen angesprochen, sondern auch die Ohren. Neben Literatur und feinen Delikatessen standen an diesem Abend auch Malerei und Musik auf dem Programm.

 

„Lobster Tales“ war der Abend überschrieben. Hinter diesem Titel verbirgt sich eine Kurzgeschichtensammlung, die die Böblinger Autorin Andrea Vogelgsang unter ihrem Pseudonym Nessa Altura vor anderthalb Jahren veröffentlicht hat. Der wortspielerische Name gibt das inhaltliche Programm dabei bereits vor: Denn was klanglich an Hummerschwänze (lobster tails) denken lässt, meint tatsächlich zwölf kurze Erzählungen – auf Englisch: tales. In den Geschichten dreht sich alles um Delikatessen von Austern über Trüffel und Spargel bis hin zu Hummer. Passend zu den Geschichten stehen in dem Buch auch Kochrezepte.

Illustrationen von Ines Scheppach

Zur Illustrierung ihrer Publikation hatte sich die Ehefrau von Böblingens ehemaligem Oberbürgermeister Alexander Vogelgsang die Künstlerin Ines Scheppach an Bord geholt. Die Böblinger Malerin ist Mitglied der Künstlergruppe „Neue Meister“. Bei der Lesung am Mittwoch war sie ebenfalls vor Ort. Während die Autorin aus ihrem Buch vorlas, wurden im Hintergrund Scheppachs Bilder per Beamer auf die Leinwand geworfen.

Mit rund 45 Gästen war die Veranstaltung ausverkauft. Mehr Personen lassen die „Kultourmacher vom Alten Amtsgericht“ aus pandemiebedingter Vorsicht bisher nicht zu. Außerdem würde die Bewirtung sonst an ihre Grenzen stoßen – und die war schließlich ein zentrales Element an diesem Abend. Erika Winograd und ihr Küchenteam hat dafür ein eigens auf die Lesung abgestimmtes Menü zusammengestellt. Es gab Spargelcreme mit in Bacon eingewickelten und in der Pfanne angebratenen Spargelspitzen, gefüllte Eier mit viel Schnittlauch (weil dieser in einer Geschichte vorkam), Bliny mit Kaviar und saurer Sahne und als Nachtisch Schwarzwälder Kirschtorte im Glas.

Duo Take Two spielt passende Songs

Die zweitägige Vorbereitung hatte sich offenbar gelohnt: Die komplett hausgemachte Verköstigung kam beim Publikum bestens an. „Und zwar gerade auch bei denjenigen, die zum ersten Mal im Alten Amtsgericht zu Gast waren“, ist Erika Winograd aufgefallen. „Vor allem die Blinys waren weg wie nichts“, lächelt die Küchenchefin, die mit ihrem Team die Kabarettabende im Alten Amtsgericht regelmäßig auch kulinarisch zu einem Genuss macht.

„Aber bitte mit Sahne“

Musikalisch umrahmt wurde der Vortrag von Joachim Pflieger und Beatrice Nuber-Mathé , die als Duo Take Two jeweils passende Musikstücke präsentierten. So spielte das Duo beispielsweise zur Eröffnung von Reinhard Mey „Die heiße Schlacht am kalten Buffet“ und zum Nachtisch „Aber bitte mit Sahne“ von Udo Jürgens. Bei einer Geschichte über Spargel erklang von den Comedian Harmonists „Veronika, der Lenz ist da“ – schließlich kommt hier die augenzwinkernde Textzeile „Veronika, der Spargel wächst“ vor.

Literatur geht durch den Magen und mitten ins Herz

Zu dem Edelgemüse hatte die Autorin eine anrührende autobiografische Geschichte im Gepäck. Sie handelt davon, wie sie als Kind dem Papa beim Spargelpflanzen im eigenen Garten half und davon, wie sie drei Jahre bis zur ersten Ernte warten musste. Mit lebendiger Erinnerung beschreibt Andrea Vogelgsang in dem Text, wie sie das erste Spargelstechen mit dem speziell dafür gedachten Messer erlebt hat, wie der Vater später beim Essen fast alle Stangen allein verputzte und wie sie selbst sich anfangs gar nicht so sehr für die seltsamen Triebe erwärmen konnte.

In einer Nebenhandlung erzählt die Autorin, wie die Mutter zu ihrem großen Unglück den Ehering verlegt hat und wie dieser Jahre später, als ihr Mann bereits verstorben war, wieder aufgetaucht ist – und zwar ausgerechnet bei der Spargelernte. Hier ging die Literatur hier nicht nur durch den Magen, sondern auch mitten ins Herz.