Noch zehn Tage, dann startet in Deutschlands ältestem Kino das jüngste Theater der Stadt. Der Verein Kunstdruck hat das ehemalige Kino übernommen und mit Elan und Optimismus das erste Programm auf die Beine gestellt.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Stellung beziehen, den Zuschauer zur Reflexion anhalten, oder Positionen erzwingen. Die erste freie Bühne Esslingens hat viel vor. Die Truppe unter Philipp Falser und Julia Rohn wird am Samstag, 20. Januar, um 11 Uhr das Central-Theater offiziell eröffnen und damit das zweite Theater in der Stadt. Was die Zuschauer im historischen Gebäude am Rossmarkt erwartet? „Auf alle Fälle qualitativ hochwertige Theaterarbeit“, sagt Falser.

 

Mit diesem mutigen Schritt hat auch das älteste Kino Deutschlands wieder eine Zukunft. Das Central-Theater wurde kurz vor dem Ersten Weltkrieg gebaut und in den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts geschlossen. Sporadisch wurde es danach immer mal wieder als Veranstaltungsraum genutzt. Mehr durch Zufall entdeckten Restauratoren, dass unter den Schichten von verschiedensten Umbauten noch das originale Dekor der Jahrhundertwende erhalten war. Doch der Raum, in dem sich Jugendstil, Expressionismus und 50er-Jahre-Desgin abenteuerlich mischen, war meist der Öffentlichkeit verschlossen. Jammerschade, wie nicht nur die Besitzer fanden, sondern auch die Stadtverwaltung.

Etliche Förderanträge liegen in der Warteschlange

Als der rührige Regisseur, Schauspieler, Sprecher und Kulturveranstalter Philipp Falser zusammen mit der Theaterpädagogin Julia Rohn beschloss, den Theaterverein Kunstdruck zu gründen, um als Träger-Verein das Central-Theater zu bespielen, fanden sie viel Unterstützung in der Stadt. Unverzichtbar für die beiden ist auch Samira Hadi, die ihren Bundesfreiwilligendienst ableistet.

Aus dem Nachlass des Kinderkunstvereins bekam das Theater etwa 13 000 Euro, um die Technik und die Bar zu bauen. Und jetzt brauchen sie noch: einen Bundesfreiweilligen, Schauspieler, jemand an der Bar, Regisseure, die ihre Theaterträume auf der Bühne verwirklichen wollen – und Geld. Etliche Anträge auf Förderung liegen in der Warteschlange und das Theater hofft, dass sich hier die eine oder andere Förderung auftut, denn sonst müsste das Theater wohl wieder schließen.

Ganz wichtig ist Philipp Falser die Professionalität des Ensembles. Es wird täglich zu theaterüblichen Zeiten bis 22 Uhr geprobt, damit eine Inszenierung in acht Wochen über die Bühne kann. Die Themen sollen vor allem junge Leute ansprechen und damit das Programm der Württembergischen Landesbühne ergänzen, das auch klassisches Drama bietet und Stücke zur Schullektüre.

Schwierig ist noch die Finanzplanung. Das Theater rechnet mit 15 000 Euro Einnahmen aus dem Eintritt, noch einmal 10 000 Euro aus Vermietungen und muss noch etwa 50 000 Euro über Stiftungen und Förderungen erwirtschaften. Philipp Falser jedenfalls zeigt sich optimistisch. Vor allem auch, weil ihm viele Kulturtreibende der Stadt den Rücken gestärkt haben, unter anderem Sabine Bartsch vom Kulturzentrum Dieselstraße, die dem jungen Theater mit Rat und Tat zur Seite stand.

Das Central versteht sich als inklusives Theater

Das Central-Theater versteht sich auch als inklusives Theater. Julia Rohn hat ein System entwickelt, das die Stücke im Programmheft für Hör- oder Sehgeschädigte kennzeichnet, und solche, die in leichter Sprache sind. Im ersten Quartal spielen pro Monat fünf Vorstellungen. Im Theater gibt es nur Schauspiel, weder Kleinkunst noch Musik ist geplant. Stattdessen geht es beispielsweise am Samstag, 20. Januar, um einen Ermittler und ein Gestapo-Opfer. Das Stück „Wolfs Jagd“ hat Philipp Falser inszeniert. „Im Spiegel“ vereinigt Julia Rohn am 10. Februar Literatur, Tanz, Sprache für die Suche nach dem eigenen Ich.

Fest im Programm ist jetzt schon ein Gastspiel der Schorndorfer Theatergruppe Theatro Zanni, das am Freitag, 2. Februar, spielt. Regelmäßig wird das New English American Theatre aus Stuttgart auftreten, das englisch-sprachige Stücke wie etwa „Die vergnügliche Beschimpfung der deutschen Sprache“ von Marc Twain am Sonntag, 11. Februar, liefert. Mit „Gullivers Reisen“ am Freitag, 16. Februar, findet auch das Institut für Sprechkunst Stuttgart einen Platz auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Die Stücke beginnen jeweils um 20 Uhr.