In Stuttgart sind über 20.000 amerikanische Soldaten stationiert. Wie ihr Alltag aussieht, haben wir uns mal in den Robinson Barracks angesehen.

Stuttgart – Die Anfahrt durch den Stuttgarter Norden ist idyllisch. Erst geht es durch den in den letzten Jahren geschaffenen Stadtteil Burgholzhof, mit schönen Blicken auf die Weinberge und den Kessel. Dann kommt das große Schild: „United States Army – Robinson Barracks“. Dahinter ein Wachtposten und ein Tor. Weiter kommt man normalerweise nicht. Ich habe jedoch einen Termin mit Lamisha Long, einer jungen Amerikanerin, die sich auf der Basis um den Truppenradiosender AFN kümmert.

 

Die Barracks: Ein Stück USA in Stuttgart

Obwohl die Robinson Barracks (im Gegensatz zu den Patch und Kelley Barracks) mittlerweile nur noch ein Wohnquartier der US-Armee sind, ist der Besucherverkehr streng reglementiert. Man muss sich anmelden und seinen Ausweis vorzeigen, bevor man eingelassen wird. Ich darf passieren. Eines fällt mir dann sofort auf: Obwohl wir mitten in Stuttgart sind, fühlt es sich irgendwie nicht danach an. Straßen und Gehwege sind breiter, Rasen und Parks großzügiger, die Schilder alle amerikanisch.

Die Menschen hier überwiegend auch. Obwohl wir hier bei der Army sind, herrscht ein freundlicher, lockerer Umgangston. Gut, alle rennen hier in Uniform rum, aber so ist das bei Soldaten nun mal. Feldwebel Lamisha Long (30) trägt auch Uniform. Sie als Betriebsleiterin ist für den Radiosender AFN (American Forces Network) zuständig. Sie koordiniert Reportagen, führt Interviews, hat die Programmaufsicht inne. Eine Kollegin quasi, die mich in ihrem Büro mit erfreulich festem Händedruck empfängt.

Eigentlich wollte sie Pianistin werden: Lamisha Long

Das Leben auf einer Military Base in Stuttgart Lamisha Long

Foto: privat

Einige Fotos und Erinnerungsstücke stehen auf ihrem Schreibtisch, an der Wand hängen Poster von vergangenen Events auf der Basis. „Das ist schon mein zweiter Aufenthalt in Deutschland“, plaudert sie drauflos. „Das erste Mal kam ich im Alter von 20 Jahren nach Bayern und blieb für zwei Jahre. Danach ging es für mich zurück in die Staaten und jetzt wurde in Stuttgart stationiert. Ich fühle mich längst heimisch hier und habe Freunde gefunden.“

Lamisha redet schnell und mit einem gut verständlichen amerikanischen Akzent. Vielleicht gibt sie sich aber auch nur Mühe für mich. Deutsch wäre im Übrigen auch kein Problem, versichert sie. „Meine Familie ist teilweise deutscher Abstammung, zudem hatte ich in der High School Deutschunterricht.“ Eigentlich wollte sie ja Pianistin werden. „Ich konnte nur nicht genügend Motivation dafür aufbringen“, erzählt sie. „Ich wusste aber, dass ich viel erreichen könnte, wenn ich nur Struktur und Disziplin in meinen Alltag bekäme.“ Beides fand sie beim Militär. „Und kurz darauf ging es schon nach Deutschland.“

Überall Fußgänger!

Für Lamisha, die mit ihrem kleinen Sohn direkt in den Robinson Barracks lebt, war das der Jackpot. „Ein weiterer Grund für meine Karriere bei der Army ist nämlich das viele Reisen“, bekennt sie. „Ich liebe es einfach, unterwegs zu sein und neue Orte kennenzulernen!“ Einmal im Jahr ist sie mindestens zuhause, zudem kommt ihre Familie sie auch besuchen. „Allerdings nur, wenn ich irgendwo stationiert bin, wo es cool ist“, lacht sie. Und siehe da: Nach Stuttgart kamen sie ohne Murren. „Auch wenn mein Vater sehr erstaunt war, wie viel die Leute hier zu Fuß oder auf dem Rad unterwegs sind.“

Natürlich sind das nicht die einzigen Unterschiede. „Amerikaner sind direkter, vielleicht auch ein bisschen offener als die Deutschen. Das fällt mir insbesondere bei der Servicekultur auf.“ Ein wenig fehlen ihr hier zudem die rund um die Uhr geöffneten Läden, findet sie und lacht: „Was ist denn, wenn ich nachts um zwei irgendwas dringend brauche?“ Dafür liebt sie die Museen in Stuttgart, die Mineralbäder, den Schwarzwald und die Gegend um den Marienplatz. Eine echtes Stadtkind also! „Ich fühle mich mehr als wohl hier“, nickt sie und fügt hinzu: „Besonders, weil man hier fantastisch shoppen kann!“

BBQ gegen Heimweh

Als sie mit 20 das erste Mal in Deutschland eintraf, war Heimweh durchaus noch ein Thema. „In meiner Kaserne war ich die einzige Frau – und noch dazu die jüngste.“ Man kann von der Armee halten, was man will. Wer mal erlebt hat, wie hilfsbereit, respektvoll und offen die in Stuttgart stationierten Soldaten sind, sieht die Sache vielleicht ein bisschen anders.