Noch ist es nur ein Entwurf. Deshalb fordert die Region auch Nachbesserungen beim Bundesverkehrswegeplan. Doch die sind umstritten.

Stuttgart - Zumindest im Grundsatz sind sich die Fraktionen im regionalen Verkehrsausschuss einig gewesen. Im Entwurf des Bundesverkehrswegeplans seien zwar die meisten wichtigen Neubauprojekte enthalten, aber eben nicht alle. Einstimmig votierten sie deshalb für weitere Projekte, die der Bund rasch bauen soll: ein drittes Gleis für die Gäu- und für die Remsbahn, die zweigleisige Wendlinger Kurve und einige Umfahrungsstraßen. An zwei Streitpunkten entzündete sich aber die Debatte: am Nordostring und an der Filderauffahrt. Eine Mehrheit aus CDU, Freien Wählern, FDP und Innovative Politik sprach sich für die beiden Straßenbauprojekte aus. Grüne, SPD und Linke votierten dagegen.

 

Unisono stimmten die Regionalräte aber in das Klagelied des regionalen Planungsdirektors Thomas Kiwitt ein. Die Region Stuttgart sei vom Bund „nur unterproportional“ berücksichtigt worden. Obwohl sie rund ein Viertel der Einwohner und Wirtschaftskraft in Baden-Württemberg habe, flössen nur 13,5 Prozent der für den Südwesten vorgesehenen Mittel hierher. „Die Einwohnerzahl und die Wirtschaftskraft unseres Ballungsraum wachsen, aber die Infrastruktur wächst nicht im gleichen Maße mit“, sagte Kiwitt.

Was mit dem zusätzlichen Geld zu machen wäre, das ist freilich heftig umstritten: Eine Mehrheit aus CDU, Freien Wählern und FDP will, dass der Nordostring als Verbindung von B 14 zur B 29 und der A-81-Ausbau zwischen Ludwigsburg-Nord und Stuttgart-Zuffenhausen in den vordringlichen Bedarf hochgestuft wird, was die Chancen auf eine Realisierung bis 2030 erhöht. Zudem soll die Filderauffahrt von der B 10 im Neckartal zur A 8 am Flughafen in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werden.

Mit großer Mehrheit votierte der Ausschuss für Nachbesserungen an anderer Stelle. So drohe im Osten der Region eine „verkehrlich äußerst ungünstige Situation“, wenn die B-10-Abschnitte zwischen Gingen/Ost und Geislingen-Mitte sowie bei Ursprung und Amstetten früher fertig gebaut würden als der eigentliche Bypass für Geislingen. Dieser B-10-Abschnitt von Geislingen-Mitte bis Geislingen-Ost soll auf Antrag der SPD-Fraktion nun ebenfalls in den vordringlichen Bedarf höher gestuft werden.

Zudem will die Region, dass die Umfahrungen von Rechberghausen, Albershausen und Nürtingen-Reudern nochmals vom Bund bewertet werden. Die von der Region ermittelten hohen Nutzen-Kosten-Verhältnisse würden eine Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan nahe legen, sagte Kiwitt. Mit dem gleichen Argument befürwortete er auch, dass der Nordostring vom weiteren in den vordringlichen Bedarf höher gestuft wird. „Die gigantische Dimension des Nutzen-Kosten-Verhältnisses von über zehn rechtfertig dies“, sagte er.

Genau daran entzündete sich aber eine vehement geführt Debatte. Obwohl gegenüber früheren Bewertungen weniger Autos auf dem Nordostring fahren sollen und die Baukosten sich auf mehr als 200 Millionen Euro erhöht hätten, steige das Nutzen-Kosten-Verhältnis, monierte SPD-Regionalrat Harald Raß. Auch die Grüne Eva Mannhardt vermutet, dass der Bund mit falschen Zahlen operiere und bemängelte, dass die Regionalverwaltung keine Klarheit schaffe. „Das sind Zombieprojekte“, sagte Wolfgang Hoepfner (Linke), Ausdruck einer Politik, „die an der Windschutzscheiben endet“.

Dagegen betonten Regionalräte von CDU, Freien Wählern und FDP, dass der Nordostrung die Stuttgarter Innenstadt entlasten könne und so helfe, Staus und Umweltbelastungen zu verhindern. „Wer in der Region unterwegs ist, muss zu oft durch Stuttgart fahren“, sagte Bernhard Maier (Freie Wähler). Tangentialstrecken wie der Nordostring seien deshalb von regionalem Interesse. Auch Rainer Ganske (CDU) attestierte dem Nordostring eine Entlastungsfunktion.

Aber auch beim Schienenverkehr will der Regionalverband – diesmal mit Unterstützung aus allen Fraktionen – einen Zuschlag: So sollen die Strecken zwischen Stuttgart-Rohr und Herrenberg sowie zwischen Waiblingen und Schorndorf dreigleisig ausgebaut werden. Man benötige den Ausbau dieser Mischverkehrsstrecken für einen besseren S-Bahnbetrieb. Auf Antrag der Freien Wähler soll auch die zweigleisige Wendlinger Kurve, die die Schienen im Neckartal an die S-21- Trasse Stuttgart-Ulm anschließt, in den vordringlichen Bedarf aufgenommen werden. „Damit bleibt eine Führung der Regionalzüge und der S-Bahn vom Neckartal zum Flughafen möglich“, sagte Maier.