Das Büro Schlaich, Bergermann und Partner hat an vier Stadien in Südafrika mitgeplant. Die Stuttgarter haben die Dachkonstruktionen geplant.

Stuttgart - "Von Kapstadt nach Brasilia - Neue Stadien der Architekten von Gerkan, Marg und Partner" heißt eine Ausstellung des Architekturmuseums in der Münchner Pinakothek der Moderne, die am Mittwoch eröffnet wird. Vier Stadien haben die deutschen Architekten für die Fußball-WM in Südafrika gebaut, in Johannesburg, Kapstadt, Port Elizabeth und Durban. Was der Ausstellungstitel verschweigt, ist die Beteiligung der Bauingenieure vom Büro Schlaich, Bergermann und Partner. Für alle vier Stadien haben die Stuttgarter die charakteristischen Dachkonstruktionen geplant: das gläserne Hängedach mit Membranfassade für das superelegante Greenpoint Stadion in Kapstadt, das Kragdach über dem Soccer City Stadion in Johannesburg, das sich mit seiner in Erdfarben gesprenkelten Fassade wie ein überdimensionaler Tontopf am Rand des Stadtteils Soweto erhebt, das von einem markanten Stahlbogen abgehängte Membrandach in Durban sowie das Aluminium-/Membrandach über der Nelson Mandela Bay Arena in Port Elizabeth.

"Stadiongeschäft" ist ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt


Vor allem Brücken, Türme und Solarkraftwerke gehören zum Portfolio der wegen ihrer technisch innovativen und leichten, formschönen Konstruktionen international gefragten Stuttgarter Ingenieure, doch seit etwa zwanzig Jahren ist das "Stadiongeschäft", wie Knut Göppert von der Geschäftsführung es nennt, ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt des Büros. Am Beginn dieser Entwicklung stand das Dach der vormals Gottlieb-Daimler-Stadion und heute Mercedes-Benz-Arena titulierten Sportanlage in Stuttgart. Auch Jörg Schlaich, Seniorchef und Mitgründer des Ingenieurbüros, hat das schwungvolle weiße Membrandach aus dem Jahr 1993 als Export- und Jobmaschine bezeichnet. Es zahle sich auch im Ingenieurbau aus, auf Ästhetik so viel Wert zu legen wie auf Gebrauchstüchtigkeit und Wirtschaftlichkeit, auch wenn dafür anfangs mehr Geld in die Hand genommen werden muss. Der Erfolg der Stuttgarter Stadionüberdachung gibt ihm recht: 25 Dächer hat das Büro seither in aller Welt gebaut, darunter allein neun für die Fußball-WM 2006 in Deutschland.

Positive Bilanz am Ende dieses Großprojekts


Die Zusammenarbeit mit den örtlichen Partnern in Südafrika schildert Knut Göppert als außerordentlich entspannt und kooperativ, und das, obwohl teilweise zwei Dutzend Büros beteiligt waren. Das Land freue sich, mit dieser Weltmeisterschaft endgültig die Isolation aus Apartheidzeiten zu überwinden: "Es hat alles gut geklappt, viel besser kann die Bilanz am Ende so eines Großprojekts gar nicht ausfallen." Ungefähr dreißigmal war der Leiter des Afrikaeinsatzes während der Bauzeit am Kap, der Abschied von den dortigen Kollegen erfüllt ihn nun ein bisschen mit Wehmut. Ein letztes Mal wird er jedoch noch hinfahren: um die Stadien im Fußballfieber zu erleben. Für vier Spiele hat er Karten ergattert - keine Ehrenkarten wohlgemerkt, sondern regulär bezahlte, "weil die Fifa alles unter Kontrolle hat, und wir als Planer mit denen keinen Kontakt haben". Aber das war auch zur deutschen Fußball-WM nicht anders.

Der gebürtige Schwarzwälder kann es verschmerzen. Erstens ist er ohnehin ein ausgeglichenes Naturell, zweitens hat er gar keine Zeit zu hadern. Denn der nächste WM-Auftrag ist bereits in Arbeit. Zur Weltmeisterschaft 2014 wollen auch die Brasilianer auf Stadiondächer aus Stuttgart nicht verzichten. Ein klein wenig mehr als in Südafrika darf es in Lateinamerika aber schon sein: sechs Dächer, por favor.

Die Ausstellung "Von Kapstadt nach Brasilia" in der Münchner Pinakothek der Moderne dauert bis zum 20. Juni, täglich geöffnet außer dienstags 10 bis 18 Uhr, mittwochs bis 20 Uhr.