Das Modell scheitere an den Rahmenbedienungen, glaubt der Taxiverband und fordert Nachbesserungen.

Stuttgart - Stuttgart - Dauerhaft auf einen Rollstuhl angewiesene Menschen haben es in Stuttgart schwer, spontan eine Transportmöglichkeit zu finden. Darauf haben Behindertenverbände und der ehemalige städtische Beauftragte für diesen Personenkreis, Walter Tattermusch, wiederholt aufmerksam gemacht. Es gibt zwar Mietwagenunternehmen, die sich auf Behindertentransporte spezialisiert haben; sie sind aber meist gut gebucht und selten spätabends und an Wochenenden unterwegs. Deshalb wurde im Rathaus die Idee geboren, rollstuhltaugliche Taxis zu fördern. Der Gemeinderat genehmigte 80 000 Euro für die Umrüstung von bis zu zehn Fahrzeugen. Diese kann seit Januar beantragt werden.

 

Laut Stadt hat ein Taxifahrer aus Stammheim zugesagt, weitere hätten Interesse. Manfred Hülsmann vom Taxiverband Württemberg befürwortet das Modell und sieht sogar Bedarf für bis zu 40 Rollstuhlfahrzeuge, wenn erst einmal die Krankenkassen die finanziellen Vorteile bei normalen Krankenfahrten durch Taxis statt Mietwagen erkannt hätten.

Derzeit seien die Rahmenbedingungen aber unzumutbar. Die Taxifahrer liefen Gefahr, als Abzocker abgestempelt zu werden. Die Nachteile gegenüber konkurrierenden Mietwagenunternehmen seien so eklatant, dass sich ein wirtschaftlicher Betrieb ausschließe, sagt Hülsmann. Ohne Anpassungen werde das Förderkonzept zum Rohrkrepierer.

Falsches Fahrzeug gefordert

So schreibt die Stadt in ihren Förderbedingungen ein sperriges Großraumfahrzeug mit sieben Sitzen vor, obwohl es kleinere, günstigere und für den Transport von Rollstuhlfahrern gut geeignete Alternativen gibt. Kleiner Nachteil: außer dem Behinderten kann nur noch eine Person mitfahren. Der Vorteil: Möchte man nicht behinderte Fahrgäste transportieren, ist die zweite Sitzreihe schnell umgeklappt. Bei den geforderten Großraumfahrzeugen muss die dritte Sitzreihe ausgebaut und extern gelagert werden. Das Problem: Weil dann nicht mehr fünf Fahrgäste transportiert werden können, kann der Fahrer nicht mehr den Zuschlag von sieben Euro erheben. Der Einnahmeausfall und die Mehrkosten bei Kauf und Betrieb seien über die Vertragslaufzeit von vier Jahren so hoch wie der Zuschuss, sagt Hülsmann.

Taxifahrer gegenüber Mietwagen im Nachteil

Die Stadt ermöglicht behinderten Stuttgartern durch die Ausgabe von 96 grünen Fahrgutscheinen jährlich für private Zwecke (keine Krankenfahrten) die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Nimmt ein Taxifahrer den Schein entgegen, hat dieser einen Wert von 12,78 Euro, macht das ein Mietwagenunternehmer ist er 38,86 Euro wert. Begründung der Stadt: Beim Taxi darf nur die mit dem Fahrgast zurückgelegte Strecke berechnet werden, beim Mietwagen auch die Anfahrt vom Betriebssitz und die Rückfahrt dorthin. Der Fahrgast merkt, dass er für eine Strecke von nur fünf Kilometern im Taxi (15,50 Euro) zwei Gutscheine aushändigen muss, während der Mietwagenchauffeur nur einen nimmt (bei An- und Abfahrt von nicht mehr als 21,8 Kilometern). „Beim nächsten Mal entscheidet sich der Fahrgast sicher gegen das Taxi“, meint Hülsmann – zumal der Mietwagenservice bis zur Wohnungstür gilt, der Taxiservice bis zur Haustür. Er fordert deshalb eine Angleichung der Tarife. Die Stadt hat jetzt eine Überprüfung zugesagt.

Taxi fährt zum Nulltarif

Die Satzung sieht vor, dass Taxifahrer für die Fahrt zum Abholort nicht bezahlt werden. Das ist normalerweise kein Problem, da Hunderte Autos über die Stadt verteilt sind. Von den wenigen Rollstuhltaxifahrern würde aber erwartet, dass sie überall kostenlos hinfahren; der aus Stammheim kommende Pionier müsste bei einem Anruf aus Plieningen 21 Kilometer zurücklegen. Und es gibt eine Beförderungspflicht. „Wenn das nicht geregelt wird, etwa über eine Ausgleichszahlung der Taxizentrale oder eine Satzungsänderung, ist die Sache unwirtschaftlich“, so der Taxiverband Württemberg. Die Situation würde sich zwar mit jedem weiteren Fahrzeug verbessern. Da aber die Stadt bestimmte Betriebszeiten vorschreibt (von 18 bis 24 Uhr und an Wochenenden und Feiertagen), sind diese Fahrer nur eingeschränkt verfügbar. Einzelunternehmer können nur tagsüber oder nachts fahren.

Parken wird zum Problem

Rollstuhltaxis benötigen wegen des Ausfahrens der Laderampe etwas mehr Fläche. Bisher hat die Stadt aber nur einen Stellplatz am Taxistand auf der Planie reserviert. Nötig wären sie laut Hülsmann aber überall im Stadtgebiet, auch vor den Kliniken und Veranstaltungshallen. Es sei wegen der Sperrungen auch unmöglich, einen Rollstuhlfahrer zum Stadion zu bringen. Die Einfahrt in Fußgängerzonen werde auch verwehrt. So bleibe oft nur das verbotene Parken auf dem Gehweg oder in zweiter Reihe.