Im Waldheim in Kernen-Stetten und bei der Sportwoche Spowo in Waiblingen erleben Kinder mit und ohne Handicap eine ereignisreiche Woche – trotz zwischenzeitlicher Behinderung durch das Wetter.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Eigentlich ist Nils sehr zufrieden, nur das Wetter nervt ein bisschen. Der Zwölfjährige sitzt an diesem Vormittag zusammen mit anderen Kindern und Jugendlichen in einem überdachten Bereich des Waldheims der evangelischen Kirchengemeinde oberhalb der Stettener Weinberge und malt an einem riesigen Baum. Dann aber packt ihn die Unruhe, und er lässt sich von Mareile in seinem Rollstuhl ein wenig durch den großen Garten fahren. Wofür hat man schließlich Regenklamotten an.

 

Nils malt wegen Regens im Waldheim in Stetten notgedrungen auch mal an einem Bild. Foto: Frank Eppler

Inhaltsreiches und individuell abgestimmtes Freizeitangebot

Der geistig und mehrfach körperlich eingeschränkte Nils ist einer von 14 Kindern im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren, die an der inklusiven Ferienbetreuung der Diakonie Stetten im Waldheim teilnehmen, die dieses Jahr unter dem Motto „Hoch hinaus mit den Bäumen“ steht. Seit 13 Jahren bietet das Sozialunternehmen in Kooperation mit der Kirchengemeinde diese Freizeit an, die Eltern entlasten und Kindern ein inhaltsreiches und individuell abgestimmtes Freizeitangebot bieten will – Kindern mit und ohne Handicap gleichermaßen.

Das Wetter zwingt zum Improvisieren

Zum Auftakt am Montag ist die Gruppe noch im Wald gewesen und hat zusammen mit Dietmar Kazmaier und seinen Betreuerkollegen Tannenzapfen, Eicheln und anderes vom Wegesrand gesammelt, um später darüber zu sprechen. „Der Mammutbaum ist der größte Baum mit den kleinsten Zapfen“, erklärt Kazmaier, der hauptamtliche Leiter des integrativen Waldheims. Und wie dieser werde auch mal der Kleinste irgendwann groß und stark sein.

Jetzt allerdings muss man unter dem Dach ein wenig improvisieren. Fußball und Malen findet zusammen auf kleinem Raum statt, weil das anhaltende Nass von oben die ursprünglichen Pläne etwas verwässert hat. Vor zwei Wochen wäre es sicherlich einfacher gewesen, bei strahlendem Sonnenschein ein abwechslungsreiches Programm mit einem Mix aus Spiel, Sport, Ausflügen und Kreativität umzusetzen. Doch Kazmaier und Kollegen sind erfahrene Betreuer und auf Eventualitäten vorbereitet.

Es fehlt an haupt- und nebenberuflichen Betreuern

Eigentlich hätte man im Waldheim 20 Kinder aufnehmen können und auch mindestens so viele Bewerber gehabt, doch seit der Coronazeit sei es schwer, genügend Betreuer zu finden. Zwölf Euro die Stunde können diese neuerdings verdienen, doch einen erhofften Run auf die zeitlich begrenzten Helferstellen hat das nicht ausgelöst. Die Decke sowohl der Fach- als auch der ehrenamtlichen Kräfte sei so dünn, dass schon ein einziger krankheitsbedingter Ausfall die Teilnehmerkonstellation ins Wanken bringen könne, sagt Kazmaier.

Erschwerend hinzu kommt, dass der für die Ferienangebote zuständige Assistenzdienst der Offenen Hilfen wegen eines breiten Angebots zum Teil parallel bei anderen Veranstaltungen gebunden ist. So hat beispielsweise parallel zu dem Waldheim auch die Sportwoche (Spowo) des VfL Waiblingen stattgefunden, an der die Diakonie Stetten als Kooperationspartner beteiligt ist, um Menschen mit Handicap ein besonderes Ferienerlebnis zu ermöglichen.

Seit 2008 gibt es die Kooperation zwischen dem VfL Waiblingen und der Diakonie Stetten, „ein ganz tolles Projekt, um Berührungsängste durch Sport zu überbrücken“, wie Edith Krutsch, die bei der Diakonie für die Kooperation mit dem VfL zuständig ist, betont. Neben ihr als einzig hauptamtlicher Kraft der Diakonie vor Ort sind noch drei ehrenamtliche Betreuerinnen im Einsatz, die sich um die neun Kinder und Jugendlichen im Alter von 9 bis 19 Jahren kümmern.

Von der Teilnehmerin zur Betreuerin

Eine von ihnen ist Isabela Schmid, die eigentlich Jura in Tübingen studiert, aber jeden Sommer gern nach Waiblingen zurückkehrt, um dort Kinder mit Behinderung zu unterstützen. Ab 2010 war sie als Teilnehmerin bei der Spowo dabei, seit 2017 ist sie regelmäßig als Betreuerin vor Ort. Sie ist begeistert vom Umgang der Kinder untereinander, sei es beim gemeinsamen Mittagessen oder auch bei den verschiedenen Aktionen und Projekten. „Wir freuen uns sehr über die Kooperation mit der Diakonie, und es ist immer wieder toll zu sehen, wie schnell und einfach die Kids integriert werden“, sagt Alexander Humke, der Spowo-Leiter.

Ausflug zur Kugelbahn ohne Regen

Bei der Waldheim-Freizeit in Kernen-Stetten ist Nils am Ende dann auch noch mit dem Wetter halbwegs ins Reine gekommen. Schon am Mittwoch, beim Ausflug zur Herzoglichen Kugelbahn in Stetten, hat der Regen die Gruppe weitgehend verschont. Und bis zum Freitag zeigten sich vereinzelt sogar mal Sonnenstrahlen. Nils hat es auf jeden Fall genossen, weswegen er jeden Tag von 9 bis 16 Uhr gern ins Waldheim gekommen ist: „Mit ganz vielen anderen Kindern zusammen spielen und Spaß haben.“

Offene Hilfen der Diakonie Stetten

Einrichtung
Die Offenen Hilfen der Diakonie Stetten bieten als ambulante Dienstleister wohnortnah und inklusiv verschiedene Formen der Beratung, Unterstützung und Hilfe an. Dazu gehören unter anderem die Interdisziplinäre Frühförderstelle, die Familienberatung , der Geschwistertreff und der Assistenzdienst. Letzterer macht unter anderem Urlaubs und Freizeitangebote für Menschen mit Handicap. Dazu gehören Waldheim und Spowo aber auch eine Sportabzeichen-Schwimmgruppe, Tanzkurse, Kaffeeklatsch oder ein Mädelsclub.

Kontakt
Interessenten für eine ehrenamtliche Tätigkeit sowie für Angebote können sich telefonisch unter 07151 9531-4380 oder per Mail an assistenzdienst@diakonie-stetten.de wenden. Weitere Informationen unter www.assistenzdienst.de.