Eine gute Wahl: Zur Spielzeit 2024/25 übernimmt der vielseitige, zeitgenössisch hellwache Regie-Intendant das traditionsreiche Haus von Susanne Heydenreich.

Führungswechsel im Stuttgarter Theater der Altstadt: Christof Küster, Leiter des Studio-Theaters, wechselt 2024/25 an die traditionsreiche Bühne in der Rotebühlstaße. Er tritt die Nachfolge von Susanne Heydenreich an, die das Haus 1996 übernommen hat. Unter der Intendanz ihrer Eltern hat das 1958 gegründete, älteste Privattheater Baden-Württembergs wichtige Kapitel der Stuttgarter Theatergeschichte geschrieben mit Aufführungen seinerzeit moderner Autoren wie Frisch, Dürrenmatt, Cocteau und Beckett. Nach mehr als sechs Jahrzehnten endet im nächsten Sommer die große Ära dieser Theaterfamilie.

 

Am neuen Ort verdoppeln sich Küsters künstlerische Möglichkeiten

„Ich freue mich auf die neue Herausforderung“, sagt der 53-jährige Christof Küster, „nach vielen Jahren im Studio-Theater habe ich gemerkt, dass es Zeit für einen Wechsel ist“ – und für einen Aufstieg: Verglichen mit seiner alten Wirkungsstätte verdoppeln sich im Altstadt-Theater mit einem Etat von rund 1,2 Millionen Euro und 180 Plätzen seine künstlerischen Möglichkeiten. Dass der designierte Intendant das Potenzial nutzt, um ebenfalls eine Ära zu begründen, dafür stehen die Zeichen gut. Das von ihm seit 2008 geleitete Studio-Theater hat er auch als Regisseur zu einer Bühne mit bundesweiter Ausstrahlung gemacht.

Die Bandbreite des 1969 in Wuppertal geborenen, regelmäßig an der Esslinger Landesbühne engagierten Küsters ist enorm. Mit starker zeitgenössischer Handschrift beweisen das allein seine jüngsten drei Inszenierungen: Büchners Sozialdrama „Woyzeck“, Felicia Zellers Finanzamtskomödie „Fiskus“ und – als Gastregisseur im Melchinger Lindenhof – die Uraufführung des Dokumentarstücks „Die ganze Hand“ über Eugen Bolz. Die Produktion über den von den Nazis 1945 hingerichteten württembergischen Staatspräsidenten ist in diesem Jahr die einzige aus dem Land, die zu den renommierten Hamburger Privattheater-Tagen eingeladen worden ist. Küster hat dort schon Preise in allen Kategorien eingeheimst.

Ein Stück über die Banalität des Bösen

Das Bolz-Stück wird auf Einladung des amtierenden Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann am 7. und 8. Juli in der Villa Reitzenstein aufgeführt – und am 14. November in der Berliner Landesvertretung. Davor überrascht der in allen Genres bewanderte Regisseur am 28. Juni im Theaterhaus noch mit einem anderen Projekt: „Der Besuch der Veranstaltung ist Dienst, gez. Höß. Schütze Paul in Auschwitz.“ Höß ist der Lagerkommandant, Paul der Großvater von Küster und das von ihm entwickelte Recherchestück ein Drama über die Banalität des Bösen – und der wache, vielseitige Theatermann eine glänzende Wahl für Stuttgart und sein Altstadt-Theater.