Wie kann die Uni Stuttgart sich im Wettbewerb besser positionieren?  Eine Kommission rät zu neuen Führungsstrukturen und mehr Kommunikation.  

Stuttgart - Wie kann die Universität Stuttgart sich im bundesweiten und internationalen Wettbewerb besser positionieren? Das war die Frage, die sich nach dem neuerlichen Scheitern beim Kampf um den Elitetitel stellte. Mit der Suche nach Antworten hatte die Hochschule im Mai eine siebenköpfige, extern besetzte Expertenkommission beauftragt. Sie sollte alle Fachbereiche einer Stärken-Schwächen-Analyse unterziehen und daraus Entwicklungspotenziale und strategische Empfehlungen ableiten. Mit dem Vorsitz dieser Strukturkommission wurde Gerhart von Graevenitz beauftragt, der frühere Rektor der Universität Konstanz. Im Ergebnis, das gestern vorgestellt wurde, bescheinigte er der Uni "gute Entwicklungsperspektiven", wenn sie ihre Steuerungsfähigkeit deutlich verbessere. In fünf Punkten sehe die Kommission Handlungsbedarf.

 

An erster Stelle empfiehlt sie der Uni, die Zusammenarbeit der Ingenieurwissenschaften mit den Natur- und den Sozial- und Geisteswissenschaften zu verbessern. Dass zum Profil einer modernen, technischen Hochschule auch die Sozial- und Geisteswissenschaften gehören, sei in der Kommission "zu keinem Zeitpunkt strittig" gewesen, betonte Graevenitz mit Blick auf die früher heftigen Querelen um deren Position an der Uni Stuttgart. Allerdings müssten, so Graevenitz, sowohl die Uni als auch die Geisteswissenschaften ihr gegenseitiges Verhältnis "neu durchdenken". So dürften die Geisteswissenschaften nicht zu Hilfswissenschaften degradiert werden. Andererseits müssten sie aber auch "aus ihrer defensiven Haltung rauskommen". Von der Verbesserung dieses Dialogs könnten nach Auffassung der Kommission auch die Lehramtsstudiengänge profitieren.

Stärkere Schwerpunkte

Als zweiten Punkt empfehle man der Uni, stärker als bisher Schwerpunkte in ihrem Profil zu setzen. Strategien hierfür sollte - neben dem Ausschuss für Forschungsfragen und dem Unirat - ein erweitertes Rektorat entwickeln. Zusätzlich zu Rektor, Prorektoren und Kanzler sollten die Dekane der zehn Fakultäten einbezogen werden, wenn auch nur mit beratender Stimme. Ziel sei, die mittlere Führungsebene zu stärken und den Informationsfluss zwischen Fakultäten und Rektorat zu verbessern. So empfehle die Kommission auch, es zukünftig den Dekanen zu überlassen, die leistungsbezogenen Mittel für die Lehre zu vergeben, während über Forschungsmittel das Rektorat entscheide.

Damit dieses Konzept funktioniere, müssten auch die historisch gewachsenen, aber unübersichtlichen Institutsstrukturen bereinigt und größere Einheiten gebildet werden. Derzeit gebe es 146 Institute unterschiedlichster Prägung und Größe. "Diese Bereinigung macht aber nur Sinn, wenn sie verbunden ist mit einer veränderten sach- und fachgerechten, leistungsbezogenen und befristeten Mittelzuweisung", so Graevenitz. Grundlage dafür müssten regelmäßige Fachevaluationen sein.

Schwer umzusetzen

Weiter empfiehlt die Kommission, Service und apparative Ausstattung zu bündeln und die Bauherrenhoheit, die bis jetzt dem Finanzministerium obliegt, an die Uni zu übertragen, was aus Sicht von Rektor Wolfram Ressel jedoch schwer umzusetzen sei. Graevenitz sieht auch in diesem Punkt, gerade mit Verweis auf die herausragende Architekturfakultät, "die Potenziale nicht annähernd ausgeschöpft".

Und schließlich müsse die Uni, die ja "zu fast allen Zukunftsfragen" Sachkompetenz im Haus habe, ihr Können auch besser an die Öffentlichkeit bringen, etwa in Form einer "Bürgeruniversität". Graevenitz schwebt dabei ein Konzept vor, "das mehr auf Debatte aus ist".

Für eine "Kultur der Kreativität", wie er sie einst an der Uni in Konstanz etabliert habe, fehle es in Stuttgart "ein bisschen an der Gesamtstrategie", meinte Graevenitz. "Die Kommunikation muss verstärkt und etabliert werden - nur so kann man eine Kultur aufbauen." Die Stärkung der Dekane sei ein Weg dorthin.

"Das war nicht machbar"

Sowohl Unirat als auch Rektor Ressel begrüßten die Empfehlungen der Kommission ausdrücklich. "Wir werden sie in unseren Struktur- und Entwicklungsplan einarbeiten", kündigte Ressel an. Dass die Kommission nicht, wie noch im Mai öffentlich angekündigt, eine Stärken-Schwächen-Analyse aller Fachbereiche vorgenommen hatte, verteidigte der Rektor: "Das war nicht machbar." Dennoch werde "viel passieren, wenn die Empfehlungen umgesetzt werden", betonte er.

Auch Siegfried Dais, der Vorsitzende des Unirats, zeigte sich erfreut über die "von der Vergangenheit unbelasteten Empfehlungen" und bescheinigte der Uni eine "innere Leistungsfähigkeit", die es jetzt eben noch auszuspielen gelte. Bereits vor zweieinhalb Jahren hatte das Rektorat versucht, der Uni eine neue Struktur zu geben. Doch die Streichvorschläge, von denen in besonderer Weise die Geisteswissenschaften betroffen gewesen wären, waren nicht nur von Senat und Unirat abgelehnt worden. Auch bundesweit hatte das Vorhaben Wellen geschlagen und wurde aufgegeben.