Thomas Bach hat den Wahlkampf um das IOC-Präsidentenamt eröffnet. Nach monatelanger Defensivstrategie wagte sich der IOC-Vize aus Tauberbischofsheim als erster Kandidat aus der Deckung.

Berlin - Thomas Bach hat den Wahlkampf um das IOC-Präsidentenamt eröffnet. Nach monatelanger Defensivstrategie wagte sich der IOC-Vize aus Tauberbischofsheim als erster Kandidat aus der Deckung und untermauerte damit seinen Führungsanspruch in der Ringe-Organisation.

 

Per Brief informierte der 59 Jahre alte Wirtschaftsanwalt den ausscheidenden Präsidenten Jacques Rogge von seinen Plänen, bestätigte das IOC. Am Donnerstag will sich Bach in Frankfurt öffentlich dazu äußern.

Bach ist nach den gescheiterten Bemühungen von Willi Daume 1980 der zweite Deutsche, der sich um das wichtigste Amt im Weltsport bewirbt. Die 125. Vollversammlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) wird am 10. September in Buenos Aires entscheiden, wer als neunter IOC-Präsident die Nachfolge von Rogge antritt. Bach, seit 1991 im IOC, gilt derzeit als Favorit, hat aber schwer berechenbare Gegner. Sein Wahlprogramm hat der deutsche Ober-Olympier noch nicht vorgestellt, doch in zahlreichen Grundsatzreden hat sich der einflussreiche Netzwerker als Vertreter der traditionellen olympischen Werte offenbart.

"Dieses Wissen macht mit demütig"

In einem Brief an seinen vermeintlich härtesten Rivalen, den Banker Richard Carrion (Puerto Rico), betonte Bach, er habe die meiste Zeit seines Lebens den olympischen Idealen gewidmet "Meine vielen Verantwortlichkeiten in der olympischen Bewegung machen mir die riesige Aufgabe eines IOC-Präsidenten bewusst", schrieb er. "Dieses Wissen macht mich demütig. Gleichzeitig fühle ich mich durch meine verschiedenen beruflichen Aktivitäten selbstbewusst, gut ausgebildet zu sein in Internationalem Management und Menschenführung in den Bereichen Sport, Politik, Wirtschaft, Recht und Gesellschaft". Carrion soll sich nach dpa-Informationen zeitnah ebenfalls zu seinen präsidialen Ambitionen bekennen.

Für Bach hat das Versteckspiel dagegen endlich ein Ende. Mit offenem Visier kann der Olympiasieger von 1976 mit der deutschen Florett-Mannschaft jetzt die letzten vier Monate vor dem finalen Votum in Buenos Aires einleiten. Jahrelang hat er auf dieses Ziel hingearbeitet. Als Vorsitzender der Juristischen Kommission im IOC und Chef der Disziplinarkammer bei Olympischen Spielen ist Bach ein unentbehrlicher Zuarbeiter für Rogge. Bei den Winterspielen 2010 in Vancouver war er bereits zum dritten Mal nach 2000 in Sydney und 2006 in Turin zum IOC-Vizepräsidenten gewählt worden.

Als Gründungspräsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) hat Bach in seiner bisher siebenjährigen Amtszeit bewiesen, dass er Politik und Wirtschaft erfolgreich zusammenführen kann. Jetzt steht er vor dem härtesten Duell seiner sportpolitischen Karriere. Als ernstzunehmende Konkurrenten werden neben Carrion der Asiate Ser Miang Ng, der ukrainische Stabhochsprung-Weltrekordler Sergej Bubka und die Schweizer IOC-Granden René Fasel, Präsident des Eishockey-Weltverbandes, und Denis Oswald erwartet. Nur einmal in seiner 119-jährigen Geschichte wurde das IOC von einem Nicht-Europäer angeführt - und zwar von 1952 bis 1972 vom US-Amerikaner Avery Brundage.