Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)
Wasser ist Ihr Element, da fürchten Sie sich vor nichts – kennen Sie an Land Ängste?
Definitiv. Ich habe beispielsweise Angst vor Höhe, vorm Klettern mit dem Seil habe ich Angst, weil ich dem Fels nicht vertraue und dem Haken dort, der seit 20 Jahren da drin ist. Ich habe auch große Angst vor Spinnen und Schlagen. Und natürlich so ganz normale menschliche Ängste, dass es meinen Freunden oder meiner Familie nicht gutgeht.
Familie ist ein gutes Stichwort. Sie sind der Sohn einer Österreicherin und eines Deutschen. Warum Wasser und nicht Berge, warum hat Sie das so angezogen, wo die Berge doch buchstäblich viel näher gelegen wären?
Das hat sich so ergeben. Ich war schon immer eine Wasserratte. Ich bin, schon seit ich ein kleines Kind war, fasziniert von dem Element und habe mit neun Jahren das erste Mal auf dem Surfbrett gestanden und eine Liebe und Leidenschaft dafür entwickelt. Ich habe mich schon immer wohl gefühlt auf dem Wasser, ob es im Ruderboot auf dem See war oder auf der Luftmatratze oder beim Tauchen oder Schnorcheln. Das Wasser war für mich immer auch so ein bisschen Freiheit und Sicherheit.
Es gibt da diese Geschichte aus Kindertagen, als Sie Ihr Vater aus dem Pool gefischt hat – und Sie fast sauer waren, weil er das tat, richtig?
Das stimmt. Da bin ich das erste Mal ins Wasser gesprungen, ich hatte gerade das Laufen gelernt. Ich hatte nie Angst vor dem Wasser, habe mich darin nie unwohl gefühlt, bis jetzt. Auch die heftigsten Erfahrungen, die ich gemacht habe, haben mich nicht so durchgerüttelt, dass ich das Vertrauen verloren hätte in das Wasser.
Mit 16 sind Sie alleine nach Hawaii gegangen, haben sich an immer größere Wellen gewagt und trotz Erfolgen im Windsurf-Weltcup noch in Teenagertagen auf das Big-Wave- Surfen umgesattelt – wurden Sie von machen nicht für verrückt erklärt?
Doch, von ganz vom Anfang an. Von meinen Eltern, von meinen Kumpels, als ich mir mit 13 gesagt habe: Ich gehe nach Hawaii. Als ich mit 16 dort angekommen bin und gesagt habe, ich werde Profi im Windsurfen, haben auch alle gelacht. Die Leute lachen alle immer. Bis heute lachen die Leute, wenn ich sage, ich mache das und das. Aber das ist okay. Die Leute verstehen nicht, was mein Traum, meine Vision ist. Das ist für die meisten einfach unvorstellbar, und es würde wahrscheinlich kein anderer so hinbekommen. Aber für mich ist das mein Weg. Ich habe mir immer meine eigenen Ziele gesetzt und erreicht. Die ersten Schritte habe ich immer alleine gemacht, bis die Leute dran geglaubt haben und mich dann unterstützt haben.
Wo haben Sie in so jungen Jahren den Mut hergenommen, so mit den Konventionen zu brechen?
Ich war immer schon ein Revoluzzer. Autorität von Lehrern war nie etwas für mich. Ich war intelligent, ich habe kein Problem mit guten Noten gehabt, wenn ich mich ein bisschen angestrengt habe. Aber ich habe das nie für mich als notwendig oder gut empfunden. Eine Standardfrage ist jetzt immer, ob ich mir keine Gedanken über die Zukunft mache, was ich mache, wenn ich mich schwer verletze und nicht mehr surfen kann . . .
. . . keine Angst, die Frage kommt nicht . . .
. . . das interessiert mich alles nicht, dann finde ich schon was anderes. Ich habe nicht die Angst, weil ich nicht studiert habe oder mich in einem Konzern hochgearbeitet habe, dass ich nicht klarkomme. Ich bin immer klargekommen – und ich werde immer klarkommen.