Wenn Sie Leute wie Michelle Obama treffen – die angeblich Ihr Fan ist –, reden Sie dann mit ihr über schwer überwindbare Grenzen?
Ich pflege eine engere Freundschaft mit einigen Politikern in Arizona. Das ist superwichtig für mich in Zeiten, in denen die konservative Gouverneurin Jan Brewer Einwanderungsgesetze erlässt. Vor zwei Jahren hat unsere demokratische Kongressabgeordnete Gabrielle Giffords, eine gute Freundin von uns, ein Attentat, bei dem sechs Menschen starben, mit einem Kopfschuss überlebt. Dieses Attentat hat Präsident Obama und die First Lady nach Tucson gebracht. Dort haben wir sie getroffen, weil wir viel Arbeit gemacht haben, die zu einer Art Heilungsprozess in der Community beitragen sollte. Wir haben hallo gesagt und vor unserem Auftritt ein Foto mit ihr gemacht. Es war eine Ehre: Ich mag das, was sie repräsentiert – Gesundheit.

Wo kommt all die Schönheit auf Ihrem Album „Algiers“ her? Finden Sie die, indem Sie auf das Meer schauen?
Sie hat viel mit Menschen zu tun: Calexico und alle Leute, die in die Arbeit dieser Band involviert sind, ist eine Art Gemeinschaft geworden. Das ist größer als nur ein paar Typen in einem Probenraum. Und die positive Energie dieser Gemeinschaft ist nicht erzwungen oder vorgegeben, sondern echt und natürlich. Wir mögen, was wir tun und mit wem wir es teilen, speziell bei Open-Air-Konzerten wie in Stuttgart.

Andererseits schwingt in Songs wie „The vanishing Mind“ immer eine gewisse Traurigkeit mit. Ist sie die Schwester der Schönheit?
Die Zwillingsschwester. Schönheit und Traurigkeit gehen Hand in Hand. Ich liebe, was unser Drummer John dazu immer sagt: „Ob man lacht oder weint – es ist dieselbe Erleichterung.“ Das stimmt. „The vanishing Mind“ ist vielleicht nicht der passendste Song, um ein Konzert zu beenden. Und Songs wie „Puerto“ und „Maybe on Monday“ hören sich auf Platte zwar gut an, aber sie erfahren dort nicht die Ausdehnung und sind nicht so aufregend, wie wenn wir sie live spielen. Um Calexico zu verstehen, muss man uns live hören.

Vor ein paar Tagen haben Sie „Maybe on Monday“ in einer neuen, noch kraftvolleren Version noch einmal neu veröffentlicht. Gefällt Ihnen das Original auf dem Album „Algiers“ nicht mehr?
Ich mag es sehr. Aber manchmal vertragen diese Songs noch ein bisschen mehr Dynamik, noch ein bisschen mehr Kraft. Ich bin ein Fan verschiedener Versionen ein und desselben Songs, sei es bei R.E.M oder bei den Beatles. Das ist was für Fans, die sich für den Arbeitsprozess interessieren.

Warum wird ein solch warmes und emotionales Album wie „Algiers“ eigentlich von vielen Leuten für eine der coolsten Produktion des Jahres 2012 gehalten?
Ich weiß es nicht, keiner weiß es. Du musst einfach deinem Herzen und deiner Inspiration folgen. Als die Arbeit an „Algiers“ begann, war ich von der Musikszene ziemlich isoliert, weil meine Frau und ich gerade Zwillingstöchter bekamen. Vor den Aufnahmen in New Orleans war ich zu Hause und geerdet, vielleicht war das gut.

Und wo würden Sie gerne beerdigt werden?
(lacht). Das ist lustig. Wir sind gerade erst über den Friedhof von Sleepy Hollow spaziert. Ich liebe es, zwischen Gräbern zu gehen. Ich bin jetzt Mitte vierzig, da ist es Zeit, ein Testament zu schreiben. Wahrscheinlich würde ich mir wünschen, dass meine Asche in verschiedenen Teilen von Montreal verstreut wird, in Rochester (New York) und bei Tucson (Arizona) in der Wüste. Und zum Schluss ein Viertel über dem Pazifischen Ozean, wo ich als Kind viel Zeit verbracht habe.