Der UN-Vertrag zur Regulierung des Waffenhandels sei ein beachtlicher Schritt, werde aber die kritischen Exporte nicht gänzlich unterbinden, sagt der Rüstungsexperte Jan Grebe vom Bonner Konversionszentrum BICC im Interview.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)
Stuttgart. Der UN-Vertrag zur Regulierung des weltweiten Waffenhandels sei ein beachtlicher Schritt, sagt der Rüstungsexperte Jan Grebe vom Bonner Konversionszentrum BICC. Die kritischen Exporte würden damit aber nicht gänzlich unterbunden. Zugleich fordert er mehr Transparenz seitens der Bundesregierung.
Herr Grebe, stimmen Sie in die Freude über das UN-Abkommen zum Waffenhandel ein?
Es ist zunächst ein beachtlicher Schritt, dass nach so vielen Verhandlungsjahren ein Vertrag zustande gebracht werden konnte. Aber ich muss gleichzeitig warnen: Damit wird sich der Waffenhandel nicht von heute auf morgen grundlegend ändern. Der Vertrag muss erst ratifiziert werden. Dann müssen viele Staaten nationale Kontrollmechanismen etablieren. Zudem geht der Vertrag nicht über deutlich restriktivere Exportstandards der großen Exporteure Großbritannien, Frankreich, den USA und Deutschland hinaus.

Ausgerechnet die Großexporteure Russland und China haben sich enthalten und werden den Vertrag womöglich nicht ratifizieren?
Natürlich besteht diese Gefahr. Also sollte man unter Umständen einen gewissen Druck aufbauen, um die beiden Staaten einzubinden. Ob es gelingt, ist fraglich. Über die Jahre könnte sich die Regulierung vielleicht als Norm durchsetzen, so dass sich Russland und China zur Ratifizierung gezwungen sehen. Gleichzeitig ist es aber ein kleiner Erfolg, dass die beiden Länder nicht mit Nein gestimmt haben, wenn man bedenkt, dass das Menschenrechtskriterium im Vertragstext prominent platziert ist. Bekanntlich steht China diesem Kriterium sehr ablehnend gegenüber.

Es gibt viel Auslegungsfreiraum im Vertrag: Nur bei übergroßen Risiken von Menschenrechtsverletzungen dürfe nicht geliefert werden, heißt es. Ist das ausreichend?
Die Kriterien sind das, worauf man sich in der Staatengruppe einigen konnte. Das Problem, was wir insgesamt sehen, ist der Interpretationsspielraum: Es obliegt den Nationalstaaten, auszulegen, wann eine Kriegswaffe potenziell für die Verletzung von Menschenrechten missbraucht werden könnte. Von den Auslegungsmöglichkeiten werden die Exporteure Gebrauch machen. Aber auch in diesem Punkt ist es ein Anfang, auf den man sich einigen konnte. Man wird das Kriterium künftig anpassen und strenger formulieren.