Politik: Matthias Schiermeyer (ms)
Die Regierung zieht eine Grenze bei Kampfeinsätzen – könnte es sich als Fehler herausstellen, diese strikt abzulehnen?
Es ist schon deshalb ein Fehler, weil wir uns ein Privileg herausnehmen gegenüber unseren Verbündeten herausnehmen. Das wird politisch nicht gerne gesehen. Es wird vereinfacht als Drückebergerei bezeichnet, wenn die wirtschaftlich Stärksten den Kleineren die schwierigeren Dinge überlassen. Die Position ist auch in der praktischen Umsetzung nicht durchzuhalten. Prinzipiell lassen sich solche Einsätze nur rechtfertigen, wenn auch deutsche Sicherheitsinteressen berührt sind. Dann ist es für die Verbündeten jedoch nicht hinnehmbar, dass sie unsere Kerninteressen wahren, indem sie ihre Soldaten in gefährliche Situationen schicken, während wir selbst uns sozusagen auf Handlangerdienste zurückziehen. Es ist auch deshalb nicht akzeptabel, weil die Situation eintreten kann, dass wir die Unterstützung unserer Verbündeten benötigen. Es würde uns nicht gefallen, wenn diese dann mit gleicher Münze zurückzahlen.
Für den EU-Einsatz in Zentralafrika werden zwei Transportmaschinen und ein Sanitätsflugzeug mit bis zu 80 Soldaten bereitgestellt. Ist das angemessen?
Man konnte ja sehen, wie schwierig es ist, das für diesen Einsatz erforderliche Kontingent aufzubringen. Aus diesem Prozess hatten wir uns bereits verabschiedet, bevor er begann. Das ist weder fair gegenüber unseren Verbündeten noch ist es angemessen für das wirtschaftlich stärkste Land Europas. Wir sollten unseren Beitrag so gestalten, dass der Einsatz zu einem gemeinsamen Erfolg wird. Deshalb kann es erforderlich sein, dass man möglicherweise auch bewaffnete Kräfte schicken muss – dies darf man nicht von vorneherein ausschließen.
Grundsätzlich haben Sie keine Bedenken gegen mehr Engagement in Afrika?
Nein, ich habe keine Bedenken, wenn wir eine umfassende Politik der Sicherheitsvorsorge betreiben. Dazu gehört die Entwicklungspolitik ebenso wie ein begrenzter Rüstungsexport, um diese Staaten zu befähigen, ihre eigenen Interessen selbst zu wahren – es gehört aber auch dazu, in Krisen frühzeitig zu handeln. Je früher man dies tut, umso geringer ist der Aufwand und desto größer sind die Erfolgsaussichten.
Wie beurteilen Sie den Start der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen?
Ich finde es zeitgemäß, dass eine Frau das Amt übernommen hat. Mich hat aber bedrückt, dass wir offensichtlich keinen ausgewiesenen Außen- und Sicherheitspolitiker haben, der das Ministerium führen könnte. Diese Qualität gibt es anscheinend in der deutschen Politik nicht mehr. Bei Ursula von der Leyen muss man abwarten, ob und wie sie ihre Ankündigungen in die Tat umsetzt. Ihre eigentliche Herausforderung ist allerdings, die Fähigkeiten der Bundeswehr zur Landes- und Bündnisverteidigung im Rahmen der Reform wieder zu stärken. Dies fordert der grundsätzliche Kernauftrag der Bundeswehr ebenso wie die Bündnissolidarität im Rahmen der kollektiven Verteidigung. Dass dies auch finanzielle Mehraufwendungen notwendig macht, wird schon bald auf dem Nato-Gipfel im Herbst eine wichtige Rolle spielen.