Der Rockkabarettist Georg Ringsgwandl kommt mit seinem neuen Album „Mehr Glanz!“ nach Stuttgart. Sein Job auf der Bühne sei als einst seine Kardiologenstelle im Krankenhaus. Aber die Medizin hat ihm mehr Schmerzen bereitet, sagt Ringsgwandl.

Stuttgart – - Berühmtsein hält Georg Ringsgwandl für ungesund, Mülltrennung findet er überbewertet, und wo er hinschaut, sieht er Klump. Ein Gespräch über Konzernlenker, Saurier und Künstler.
Herr Ringsgwandl, an vielen Orten der Welt demonstrieren die Leute, weil es ihnen nicht gefällt, wie es ist. Und dann kommen Sie daher und fordern „Mehr Glanz!“. Warum?
Die Leute demonstrieren ja für „Mehr Glanz!“. Die wollen, dass es besser ist, als es ist. Bei uns gibt es ja schon recht viel davon. Das Gebäude da hinten ist perfekt renoviert. Aber wenn du in einem Land lebst, in dem es nicht einmal vernünftiges Trinkwasser gibt, dann kannst du nur eines wollen – dass es besser wird.
Ihre Definition von Glanz enthält auch die Trinkwasserversorgung?
Ja, natürlich. Wenn du als Urhorde in einer Höhle lebst, dann willst du eine trockene Bude, die beheizbar ist. Der Mensch will, dass es besser wird. In unseren abgesicherten Verhältnissen geht es natürlich um Luxusbefindlichkeiten: Wir wollen nicht bloß, dass es die Müllabfuhr gibt, sondern dass sie den Müll trennt. Aber eigentlich geht es mir darum, dass in unserer polierten Zivilisation trotzdem mehr Glanz gebraucht wird, weil manches Zeug mit allen denkbaren Grausamkeiten der Marketingindustrie ins Publikum gepresst wird, obwohl es schäbiges Klump ist. Du findest keine gescheiten Schuhe mehr, und auf fünfzig Fernsehkanälen läuft nur Schrott.
Aber verbirgt sich Schrott heutzutage nicht vor allem hinter Glanz?
Hinter billigem, falschem Glanz. Aber mir geht es um den wahren Glanz mit Substanz. Und der kommt nur durch Verzicht aufs Überflüssige, Konzentration aufs Wesentliche und solide, reale Arbeit. Ich bin dankbar, wenn ein Schreiner einen Tisch so zimmert, dass er gerade steht.
Wer entscheidet, was das Überflüssige ist?
Darüber wird in demokratischen Gesellschaften diskutiert. Das regelt sich nicht nach Vernunft, sondern nach äußeren Notwendigkeiten. Die Autoindustrie meint zum Beispiel, dass wir noch mehr Geländewagen auf unseren Straßen brauchen. Aber irgendwann wird der Planet sagen: Diese Spezies ist überflüssig. Irgendwann hat der Planet auch keine Saurier mehr gebraucht. Wenn alle an ihrer Hetzerei, ihrem Übergewicht und ihrem Wahn erstickt sind, dann werden die Leute vielleicht wieder sehen, dass man nur wenige Dinge wirklich braucht und dass die relativ billig sind.