Der Fußball darf nicht zur Ware werden, mahnt der langjährige Fernsehmoderator Gerhard Delling. In der Verantwortung sieht der Sportjournalist auch seine eigene Zunft.

Stuttgart An der Seite von Fußballikone Günter Netzer unterhielt Gerhard Delling jahrelang ein Millionenpublikum – sowohl durch scharfsinnige Analysen als auch durch spitze Bemerkungen in Richtung seines Gesprächspartners. Im Interview spricht der ARD-Moderator über sein neues Buch und die Kommerzialisierung des Fußballs.
Herr Delling, Sie beschreiben in Ihrem Buch, wie Sie als Kind beim Fußball gleichzeitig Kicker und Kommentator waren. Ist ein Traum in Erfüllung gegangen, als Sie Reporter wurden?
Ein Traum wäre gewesen, an eine Karriere als Fußballprofi zu denken, denn diesen Beruf gab es damals eigentlich noch nicht. Aber Fußball hat mich mein ganzes Leben lang beseelt, und es ist sehr schön, dass ich diesen wunderbaren Sport trotzdem zu meinem Beruf machen konnte.

Gab es nie die Gefahr des Überdrusses?
Ich lasse mich nach wie vor gern von einem guten Fußballspiel fesseln. Man entwickelt allerdings die Neigung, etwas schneller ungnädig zu werden, wenn man schon so viel erlebt hat und feststellt, dass sich die alten Fehler wiederholen.

Auf dem Platz oder im Journalismus?
Sowohl als auch. Aber besonders, wenn ich selber spiele. Es gab bereits 1963 die Furcht, Fußball könne zur Ware werden. Heute ist es ein Milliardengeschäft.

Wächst damit die Verantwortung für den Sportjournalismus?
Unbedingt. Die Sportjournalisten hatten schon immer eine kritische Haltung zur übermäßigen Kommerzialisierung. Heute wäre diese Haltung wichtiger denn je, doch sie ist etwas in den Hintergrund getreten. Natürlich müssen Kritiker mit dem Vorwurf leben, sie mäkelten an einem Produkt herum, an dem viele Millionen Menschen Freude haben und mit dem sich gutes Geld verdienen lässt. Aber hin und wieder warnend den Zeigefinger zu heben dient letztlich vor allem dem Sport.

1984 hat die ARD zum ersten Mal ein Bundesligaspiel live gezeigt, „ohne aufwendig gestalteten Vorlauf mit Experten und Einspielfilmen“, wie Sie schreiben. Ist das eine Kritik an den ausufernden Vor- und Nachberichten?
Grundsätzlich finde ich es gut, dem Sport viel Sendezeit einzuräumen. Ich plädiere sogar dafür, die Berichterstattung rund um große Spiele auszuweiten und mehr Hintergrundberichterstattung über Land und Leute und die soziale Rolle des Fußballs anzubieten. Die Frage ist also immer, wie diese Zeit genutzt wird.