Die Handball-Nationalmannschaft hat bei der EM in Polen völlig überraschend das Halbfinale erreicht. Der ehemalige Bundesligatrainer Rolf Brack sieht in Bundestrainer Dagur Sigurdsson den Vater des Erfolges.

Sport: Joachim Klumpp (ump)
Stuttgart- -
Herr Brack, das deutsche Team steht im EM-Halbfinale. Wo sehen Sie die Gründe?
Ich denke, dass mit Dagur Sigurdsson ein mutiger, innovativer und taktisch versierter Trainer da ist, der den Gegner immer wieder vor neue Aufgaben stellt und aus dem vorhandenen Potenzial das Maximale herausholt. Das zeigt sich an der Flexibilität der Abwehr oder in der Unterzahl, wo ein klares Konzept vorhanden ist: ohne Torwart, mit zwei Kreisläufern. Dazu haben beide Torhüter in den entscheidenden Momenten überragend gehalten – und etwas Glück gehört natürlich auch dazu. So kam der Spielplan den Deutschen sicher entgegen, mit zwei Tagen Pause, während Dänemark am Vorabend noch gegen Schweden spielen musste.
Welche Rolle spielte – nach den zusätzlichen Ausfällen von Kapitän Weinhold und Torjäger Dissinger – die Breite im Kader?
Das ist ein Schlüsselfaktor. Es ist praktisch kein Unterschied, ob rechts ein Patrick Groetzki spielt oder ein Tobias Reichmann, allenfalls links fehlen bei einem Weltklassemann wie Gensheimer ein paar Tore. Es ist eine unglaubliche Breite da, die der Trainer auch nutzt. Ein Beispiel ist Kai Häfner, der auf Anhieb 30 Minuten spielt und keinerlei Anpassungsschwierigkeiten zeigt.
Titelverteidiger Frankreich ist raus, Gastgeber Polen ebenfalls – was ist möglich?
Es herrscht ein unglaubliches Selbstbewusstsein, eine Euphorie, man kann von einem Lauf sprechen. Das trifft zwar auch auf die Norweger zu, aber die Länderspielbilanz spricht klar für uns. Ich denke, der Handball-Hype trägt die Spieler jetzt auch. Die sind es außerdem gewohnt, in der stärksten Liga der Welt Woche für Woche im Verein Höchstleistung zu bringen. Deshalb muss es eigentlich so sein, dass Deutschland immer zu den Top 4 Nationen gehört.