In der Öffentlichkeit herrscht das Bild vor, es kämen nur Arbeitnehmer aus Rumänien und Bulgarien, die kaum Aussicht auf eine feste Arbeit hätten und nur von Kindergeld und anderen Sozialleistungen lebten. Wie sieht die Realität in Mannheim aus?
Die Gruppe, die ausschließlich von staatlichen Hilfen lebt, ist sehr klein. Bisher sind vor allem Selbstständige und – man muss dies hinzufügen – Scheinselbstständige eingewandert. Viele Zuwanderer arbeiten, verdienen aber weit unter Mindestlohnniveau. Darüber hinaus gibt es auch Gutqualifizierte und Studenten. Das Bild der Zuwanderung ist gemischt.
Erwarten Sie mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit eine Zuwanderungswelle?
Wir können das nur schwer abschätzen. In den vergangenen Jahren ist die Zuwanderung gestiegen. Einen größeren Sprung gab es in Mannheim von 2011 auf 2012 mit netto 900 Zuwanderern aus den beiden EU-Staaten. Im vergangenen Jahr waren es 500 Personen. In diesem Jahr rechnen wir im Saldo mit einem etwas höheren Zuwachs.
Die EU und auch große Teile der deutschen Politik haben die Probleme in deutschen Großstädten, in die viele EU-Neubürger ziehen, lange ignoriert. Findet jetzt ein Umdenken statt?
Wenn ich auf die EU blicke, habe ich meine Zweifel. Natürlich sind die Schwierigkeiten insgesamt für Europa ein marginales Thema. Für Städte wie Mannheim ist es ein ernstes Problem, weil die Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien konzentriert verläuft. In den betroffenen Städten beschränkt sie sich auf einzelne Stadtteile. Die EU, der Bund und die Länder dürfen die Kommunen nicht allein lassen.
Sie sehen die von der CSU geforderten Gesetzesverschärfungen mit Skepsis. Warum?
Ich bezweifle, ob viel weiter gehende Regelungen europarechtlich überhaupt zulässig sind. Mit strengeren Gesetzen würden wir nur einen kleinen Teil der Zuwanderer erreichen. Damit würde sich an der Situation in den Kommunen kaum etwas ändern. Ich nenne ein Beispiel aus unserer Praxis: Mit dem bestehendem Instrumentarium haben wir bei EU-Bürgern im Jahr 2013 ungefähr 20-mal von der ausländerrechtlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Aufenthaltsrecht zu entziehen. Auch mit etwas strengeren Regeln würden wir uns zahlenmäßig nicht in anderen Dimensionen bewegen.