Der ehemalige Torhüter des VfB Stuttgart berichtet im Interview von seinen Erfahrungen in Sachen Geisterspiel. Vor sieben Jahren traten die Stuttgarter bei Lazio Rom an.

Sport: Marco Seliger (sem)

Stuttgart - Der frühere VfB-Torhüter Marc Ziegler fordert angesichts der Bedrohung durch das Coronavirus Verständnis für Sportveranstaltungen ohne Zuschauer ein. Er berichtet aber auch, dass ein leeres Fußballstadion ungewohnte Gefühle weckt.

 

Herr Ziegler, vor sieben Jahren traten Sie mit dem VfB Stuttgart zum Geisterspiel in der Europa League bei Lazio Rom an, zuvor hatte der europäische Verband Uefa Lazio wegen rassistischer Ausfälle seiner Fans verurteilt. Was macht so ein Spiel ohne Zuschauer mit einem Fußballprofi?

Die damalige Situation hatte eine ganz andere Ursache als die aktuelle. Bei Lazio Rom handelte es sich um eine Sanktion. Die aktuelle Diskussion, Fußballspiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit auszutragen, ist dagegen eine Vorsichtsmaßnahme, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Dafür sollten wir alle Verständnis haben – ganz egal, ob auf dem Rasen oder auf den Rängen. Aber klar ist natürlich: Als Fußballer gibt einem die Stimmung im Stadion definitiv noch mal einen Schub.

Inwiefern?

Das geht schon bei der Anfahrt zur Arena eineinhalb Stunden vor dem Spiel los. Normalerweise stehen da schon viele Fans an den Straßen oder direkt vor dem Stadion – da baust du schon Adrenalin auf und kommst in Stimmung.

Bei Geisterspielen wird das anders sein – was verändert sich dann genau im Stadion?

Es ist ein ungewohntes Gefühl. Wenn etwa bei der Platzbegehung eine knappe Stunde vor Anpfiff noch gar niemand im Stadion ist, bekommst du ein Gespür für diese Stille, von der du ja dann weißt, dass sie nicht weggeht. Darauf musst du dich als Spieler einstellen.

Was passiert während des Spiels?

Man hört jedes Kommando, was für einen Torhüter ja grundsätzlich von Vorteil ist (lacht). Man hört plötzlich jeden Pfiff und jedes Wort. Manchmal gibt es sogar ein Echo, das von den leeren Tribünen zurückhallt. Als Spieler ist es schwer, aber du musst gerade deswegen umso mehr in den Wettkampfmodus schalten und darfst nicht denken, es sei lediglich ein Trainingsspielchen. Wir wussten damals, dass die Fans vor den Bildschirmen sitzen und mitfiebern. Außerdem: Wenn die aktuellen Geisterspiele helfen, dass sich weniger Menschen mit Corona anstecken, dann sind wir alle Gewinner.

Was raten Sie den Clubs und den Profis, um sich auf ein Geisterspiel vorzubereiten?

Ich glaube, dass die Trainer die richtige Vorbereitung treffen werden. Eine Mannschaft sollte zumindest das Abschlusstraining im leeren Stadion abhalten, um ein Gespür für die Situation und diese Stille zu bekommen. Und man sollte sich als Profi natürlich immer klarmachen, dass es um drei Punkte oder ums Weiterkommen geht – auch wenn das schwerfällt und die Atmosphäre im Stadion etwas anderes suggeriert.